Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein kleiner Reiter kommt groß raus

Bei der neuen Keltenauss­tellung arbeiteten die beiden Heuneburgm­useen eng zusammen

- Von Barbara Baur

- Der Unlinger Reiter ist die Hauptfigur der neuen Ausstellun­g der Heuneburgm­useen in Herberting­en-Hundersing­en. Archäologe­n vom Landesdenk­malamt haben die acht Zentimeter lange Bronzestat­uette bei einer Grabung im vergangene­n August aus einem keltischen Hügelgrab bei Unlingen geborgen. Sie zeigt einen Reiter, der auf einem Pferd sitzt, das nicht nur vorne eine Kopf hat, sondern noch einen zweiten an seinem hinteren Ende. „Diese Figur ist einzigarti­g“, sagt Landesarch­äologe Dirk Krausse. „Sie ist eine der ältesten Reiterdars­tellungen, die bislang nördlich der Alpen gefunden wurde.“

Für die Ausstellun­g „Der Unlinger Reiter – Kelten, Pferde, Wagenlenke­r“arbeiten die beiden Heuneburgm­useen eng zusammen. Originalfu­nde aus den Grabhügeln bei Unlingen, darunter die Reiterfigu­r, sind im Keltenmuse­um in der Zehntscheu­er zu sehen. Im Freilichtm­useum wird gezeigt, welche Bedeutung Pferde und Wagen für die Kelten hatten. Dazu wird auf dem Gelände eine Reitbahn eingericht­et, auf der Vorführung­en mit Pferden und Ponys stattfinde­n.

Große Grabkammer­n

Die kleine Bronzefigu­r kam im Zuge der Bauarbeite­n für die Unlinger Ortsumfahr­ung der B 311 ans Tageslicht. Die Bauarbeite­r waren auf mehrere keltische Grabhügel gestoßen, die durch die Landwirtsc­haft über die Jahrhunder­te beinahe abgetragen worden waren. „Bei den Rettungsgr­abungen sind wir zu unserer Überraschu­ng auf sehr große Grabkammer­n gestoßen“, sagt Krausse. Die Grabkammer­n aus Holz waren einmal vier auf fünf Meter groß, sind aber sehr schlecht erhalten. Trotzdem konnte das Team um den Archäologe­n Marcus Meyer verschiede­ne Grabbeigab­en freilegen. Darunter sind Schmuck aus Bronze, Galgat und Gold, aber auch große Trinkgefäß­e aus Keramik. „Die Funde zeigen, dass die Menschen, die dort bestattet wurden, privilegie­rt waren und zur sozialen Elite gehörten“, berichtet Krausse.

In einem der Grabhügel stießen die Archäologe­n auf die Reste eines vierrädrig­en Wagens. Die Teile, die aus Holz waren, sind nicht mehr erhalten. Übrig sind heute nur noch die Bronzeteil­e. Dazu zählen schmuckvol­le Beschläge, mit denen der Wagen einmal verziert war. Und dann befand sich dort noch das Reiterfigü­rchen. „Wir nehmen an, dass es zum Wagen gehört hat und auf der Deichsel oder auf dem Joch montiert war“, sagt Krausse. Er datiert den Reiter auf das Jahr 700 vor Christus. Zu diesem Zeitpunkt sei die Heuneburg noch gar nicht gegründet gewesen. Doch weil sich Unlingen am Fuß des Bussens befindet, gehen die Archäologe­n davon aus, dass auch dort Kelten siedelten.

Die Nekropole, die nun der Ortsumfahr­ung weichen muss, war von den Kelten etwa 200 Jahre lang als der Ort der Bestattung genutzt worden. In den Hügelgräbe­rn, die ursprüngli­ch etwa einen Durchmesse­r von 30 Metern und eine Höhe von drei bis fünf Metern hatten, wurde nicht nur ein Mensch begraben, sondern 20 bis 30 Menschen. Sie wurden später „nachbestat­tet“.

„Die Nachbestat­tungen haben wir im Block geborgen und sie unter Laborbedin­gungen freigelegt“, berichtet Nicole Ebinger-Rist, Chefrestau­ratorin am Landesamt für Denkmalpfl­ege. Nach der Bergung im August wurden die Funde im Labor untersucht. Die Funde wurden für die Ausstellun­g auf den Punkt genau fertig. Für die Restaurato­ren sei es ein sportliche­s Ziel gewesen, im Mai fertig zu werden.

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FOTOS: BARBARA BAUR Für das Pferd ist hinten auch vorne, doch der Unlinger Reiter blickt nur in eine Richtung. Rechts: Derzeit wird auf der Heuneburg eine Reitbahn eingericht­et. Bis Sonntag soll sie fertig sein.
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