Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ein kleiner Reiter kommt groß raus
Bei der neuen Keltenausstellung arbeiteten die beiden Heuneburgmuseen eng zusammen
- Der Unlinger Reiter ist die Hauptfigur der neuen Ausstellung der Heuneburgmuseen in Herbertingen-Hundersingen. Archäologen vom Landesdenkmalamt haben die acht Zentimeter lange Bronzestatuette bei einer Grabung im vergangenen August aus einem keltischen Hügelgrab bei Unlingen geborgen. Sie zeigt einen Reiter, der auf einem Pferd sitzt, das nicht nur vorne eine Kopf hat, sondern noch einen zweiten an seinem hinteren Ende. „Diese Figur ist einzigartig“, sagt Landesarchäologe Dirk Krausse. „Sie ist eine der ältesten Reiterdarstellungen, die bislang nördlich der Alpen gefunden wurde.“
Für die Ausstellung „Der Unlinger Reiter – Kelten, Pferde, Wagenlenker“arbeiten die beiden Heuneburgmuseen eng zusammen. Originalfunde aus den Grabhügeln bei Unlingen, darunter die Reiterfigur, sind im Keltenmuseum in der Zehntscheuer zu sehen. Im Freilichtmuseum wird gezeigt, welche Bedeutung Pferde und Wagen für die Kelten hatten. Dazu wird auf dem Gelände eine Reitbahn eingerichtet, auf der Vorführungen mit Pferden und Ponys stattfinden.
Große Grabkammern
Die kleine Bronzefigur kam im Zuge der Bauarbeiten für die Unlinger Ortsumfahrung der B 311 ans Tageslicht. Die Bauarbeiter waren auf mehrere keltische Grabhügel gestoßen, die durch die Landwirtschaft über die Jahrhunderte beinahe abgetragen worden waren. „Bei den Rettungsgrabungen sind wir zu unserer Überraschung auf sehr große Grabkammern gestoßen“, sagt Krausse. Die Grabkammern aus Holz waren einmal vier auf fünf Meter groß, sind aber sehr schlecht erhalten. Trotzdem konnte das Team um den Archäologen Marcus Meyer verschiedene Grabbeigaben freilegen. Darunter sind Schmuck aus Bronze, Galgat und Gold, aber auch große Trinkgefäße aus Keramik. „Die Funde zeigen, dass die Menschen, die dort bestattet wurden, privilegiert waren und zur sozialen Elite gehörten“, berichtet Krausse.
In einem der Grabhügel stießen die Archäologen auf die Reste eines vierrädrigen Wagens. Die Teile, die aus Holz waren, sind nicht mehr erhalten. Übrig sind heute nur noch die Bronzeteile. Dazu zählen schmuckvolle Beschläge, mit denen der Wagen einmal verziert war. Und dann befand sich dort noch das Reiterfigürchen. „Wir nehmen an, dass es zum Wagen gehört hat und auf der Deichsel oder auf dem Joch montiert war“, sagt Krausse. Er datiert den Reiter auf das Jahr 700 vor Christus. Zu diesem Zeitpunkt sei die Heuneburg noch gar nicht gegründet gewesen. Doch weil sich Unlingen am Fuß des Bussens befindet, gehen die Archäologen davon aus, dass auch dort Kelten siedelten.
Die Nekropole, die nun der Ortsumfahrung weichen muss, war von den Kelten etwa 200 Jahre lang als der Ort der Bestattung genutzt worden. In den Hügelgräbern, die ursprünglich etwa einen Durchmesser von 30 Metern und eine Höhe von drei bis fünf Metern hatten, wurde nicht nur ein Mensch begraben, sondern 20 bis 30 Menschen. Sie wurden später „nachbestattet“.
„Die Nachbestattungen haben wir im Block geborgen und sie unter Laborbedingungen freigelegt“, berichtet Nicole Ebinger-Rist, Chefrestauratorin am Landesamt für Denkmalpflege. Nach der Bergung im August wurden die Funde im Labor untersucht. Die Funde wurden für die Ausstellung auf den Punkt genau fertig. Für die Restauratoren sei es ein sportliches Ziel gewesen, im Mai fertig zu werden.