Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Putin und Erdogan loben neue Zusammenarbeit
Der russische und der türkische Präsident plädieren nach einem Treffen für „Zonen der Deeskalation“in Syrien
- Kaum hatte Angela Merkel Russland verlassen, stand auch schon der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor der Sommerresidenz Wladimir Putins in Sotschi. Es war die erste Auslandsreise des türkischen Präsidenten nach dem knappen Sieg im Verfassungsreferendum; angeblich soll der Kremlchef nach dem Wahltriumph auch der schnellste gewesen sein, der dem Nachbarn gratulierte.
Jedenfalls hatte Kremlchef Putin am Mittwoch bessere Laune als noch am Vortag, als er am selben Ort Bundeskanzlerin Angela Merkel empfing. Dem türkischen Kollegen versicherte er die „Rückkehr zu normaler partnerschaftlicher Zusammenarbeit“. Die Einschränkungen im Verkehr zwischen Moskau und Ankara seien aufgehoben. „Das kann man ab heute sagen“, versicherte der Kremlchef.
Zur Erinnerung: Im November 2015 schoss Ankara einen russischen Kampfjet im türkischen Luftraum ab. Der Kremlchef tobte und schlug mit Embargos um sich. Im Sommer letzten Jahres versöhnten sich die Kampfhähne, nachdem Recep Erdogan sich in Moskau – anständig – entschuldigt hatte.
Auf den ersten Blick sieht es wieder nach harmonischer Beziehung aus. Die wirtschaftlichen Kontakte werden wiederhergestellt, ausgenommen bleibt indes das russische Einfuhrverbot für türkische Tomaten. Auch der visafreie Verkehr für Türken gehört der Vergangenheit an. Syrien soll das zentrale Thema der Konsultationen gewesen sein. Beide Seiten sprachen sich für die Einrichtung von Deeskalationszonen an der syrischen Grenze aus. Auch Geheimdienste und Verteidigungsministerien der beiden Länder sollen enger kooperieren.
Einen bilateralen „Rat für Zusammenarbeit auf höchster Ebene“gibt es seit Längerem, zwischen Ankara und Moskau wird auch viel telefoniert. Erdogan will mit der neuen Ostpolitik der EU und dem Westen signalisieren, dass er in Moskau einen würdigen Ansprechpartner findet. Der Kreml spielt mit, scheint jedoch dem türkischen Präsidenten nach wie vor mit Skepsis zu begegnen.
Von „idyllischen Beziehungen“könne nicht die Rede sein, schrieb die Zeitung „Kommersant“am Besuchstag. Moskau irritiert vor allem, dass Ankara erneut den Rücktritt des syrischen Diktators Baschar al Assad fordert. Zumal Russland und die Türkei mit dessen Schutzmacht Iran im Dezember einen Waffenstillstand für Syrien vereinbart hatten. Zwischenzeitlich hatte Ankara die Rücktrittsforderung auch ad acta gelegt.
Befremdlich ist aus russischer Sicht auch die Unterstützung Erdogans für Donald Trumps Vergeltungsschlag gegen die Luftwaffenbasis von al-Schairat. Von dort aus soll die syrische Armee mutmaßlich jene Giftgasattacke in der Provinz Idlib verübt haben.