Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
EnBW plant höhere Windräder bei Kettenacker
Von der Gemarkungsgrenze zu Ittenhausen sind sie 76 beziehungsweise 79 Meter entfernt
ITTENHAUSEN/KETTENACKER Der Geschäftsführer der Gammertinger Energie- und Wasserversorgung (GEW), Manfred Schaller, hat in der Gemeinderatssitzung in Kettenacker am Dienstag bestätigt, dass es Überlegungen gibt, die bei Kettenacker geplanten Windräder noch höher zu bauen als bisher vorgesehen. Er nannte erstmals auch eine konkrete Zahl. Und zwar soll die Nabenhöhe um 30 Meter höher werden.
Zunächst war geplant, im Wald südlich von Kettenacker vier Windräder zu bauen. Im Laufe der Planungen hieß es dann, es würden nur drei Räder gebaut, die sollten aber höher sein. Als Nabenhöhe waren 134 Meter vorgesehen. Vor wenigen Wochen hat der Kettenacker Verein für Mensch und Natur nun in Erfahrung gebracht, dass der Energieversorger EnBW gemeinsam mit den drei Stadtwerken Gammertingen, Sigmaringen und Schussenthal noch höhere Windräder planen soll. Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“bei der Genehmigungsbehörde, dem Sigmaringer Landratsamt, bestätigte Pressesprecherin Sabine Stark, dass das Landratsamt mit Vertretern der EnBW entsprechende Gespräche geführt habe. „Ein Antrag ist aber noch nicht eingegangen“, so Stark.
„Fakt ist, es gab eine Voranfrage beim Landratsamt“, sagte auch der Gammertinger GEW-Geschäftsführer Schaller in der Gemeinderatssitzung. Der Kettenacker Gemeinderat Franz Hanner hatte das Thema angesprochen. Laut Schaller gibt es Überlegungen, zwei der drei Windräder um 30 Meter höher zu bauen, und zwar jene, die weiter weg sind von Kettenacker. Das wäre dann eine Nabenhöhe von 164 Metern. Das vordere Rad soll niedriger sein. „Optisch sehen sie dann aus Kettenacker Sicht gleich aus“, so Schaller. Von der Ittenhauser Gemarkungsgrenze sind die hinteren Räder gerade mal 76 beziehungsweise 79 Meter entfernt.
Räder müssen gedrosselt werden
Beim Verein für Mensch und Natur in Kettenacker hegt man den Verdacht, die EnBW befürchte, dass sich das Projekt mit der bisherigen Höhe nicht rechne. „Es ist jetzt schon vorgesehen, dass die Windräder aus verschiedenen Gründen mehrfach gedrosselt werden müssen“, so Birgit Steinhart. Wahrscheinlich wolle die EnBW deswegen noch höher hinaus. Die Windkraftgegner hatten schon früh die Ansicht vertreten, dass der Wind zu schwach sei.
Im vergangen Jahr wurde an einem 120 Meter hohen Mast die Windstärke ermittelt. Gegen Ende der Messungen hieß es optimistisch, es sei eine Windstärke von 5,9 Meter pro Sekunde im Schnitt gemessen worden. Das ist ein relativ guter Wert. Ursprünglich hieß es auch, dass die Ergebnisse der Messungen veröffentlicht werden, wenn sie von zwei verschiedenen Fachleuten geprüft worden sind. Doch davon ist die EnBW inzwischen abgerückt. EnBW-Pressesprecher Ulrich Stark teilte auf Anfrage der SZ mit, dass nicht mehr vorgesehen sei, sie zu veröffentlichen. „Dabei wollten die Investoren doch mit offenen Karten spielen“, gibt Birgit Steinhart zu bedenken. Doch ganz ungelegen kommt die Nachricht von den höheren Windrädern den Windparkgegnern nicht. Sie nähren die Hoffnung weiter, dass die EnBW das Projekt eines Tages ganz fallen lässt – aus Gründen der Wirtschaftlichkeit.
In Ittenhausen werden die Berichte aus Kettenacker mit großem Interesse verfolgt, schließlich sind es von der Wohnbebauung in Ittenhausen bis zum geplanten Standort der Windräder etwa 800 Meter Luftlinie. Zahlreiche Ittenhauser haben ihren Unmut gegen den Bau der Anlagen in einer Unterschriftenliste Kund getan – auch Thomas Haag von der Ittenhausener Bürgerinitiative. Unabhängig davon, ob die Geschichte mit dem Hubschrauber mutwillig gewesen sei oder nicht, schütze Unwissenheit vor Strafe nicht. „Damit ist eine Kartierung nicht mehr möglich“, sagt der Ittenhauser. Man könne doch keine Erhebung des Vogelvorkommens machen, wenn der Originalzustand nicht mehr gegeben sei. Das Ergebnis stimme dann einfach nicht mehr. Dass die EnBW darüber nachdenke, zwei Windräder 30 Meter höher zu machen, sei ein Zeichen dafür, dass die Anlagen nicht wirtschaftlich seien, sagt der Ittenhauser. Auch er hofft, dass die Pläne aufgegeben werden, denn diesen „Turmbau zu Babel“sieht er als Versuch, der auf dem Rücken der Natur und der Anwohner ausgetragen würde. Welche Folgen so hohe Windkraftanlagen hätten, sei nicht absehbar.