Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Beamte fordern mehr Lohn
„Zeichen des Dankes“für Mehrarbeit in Flüchtlingskrise
(tja) - Zum heutigen Beginn der Tarifverhandlungen für Angestellte im öffentlichen Dienst fordert Volker Stich, Chef des Beamtenbundes Baden-Württemberg, sechs Prozent mehr Lohn. Außerdem müsse das Verhandlungsergebnis sofort auch für die Landesbeamten gelten. „Es ist an der Zeit, ein Zeichen des Dankes an die Beamten zu senden“, sagte Stich der „Schwäbischen Zeitung“. „Sie haben die Herausforderungen der Flüchtlingskrise über Gebühr gemeinsam mit den Freiwilligen vor Ort geschultert.“
In den vergangenen Jahren hatten die Beamten in Baden-Württemberg Lohnerhöhungen oft mehrere Monate später erhalten als die Angestellten. Außerdem fordert Stich mehr Anstrengungen, um die Pensionen der Beamten abzusichern. Der Bund der Steuerzahler dagegen pocht unterdessen darauf, die Bezüge der Staatsdiener mit den gesetzlichen Renten gleichzustellen.
- Mehr als 122 000 Beamte und Hinterbliebene haben 2016 eine Pension aus der Landeskasse bekommen. Kostenpunkt: 5,9 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2035 soll die Zahl der Empfänger auf 147 800 steigen. Die Landesregierung muss sicherstellen, dass dieses Geld auch künftig ausgezahlt werden kann. Schon jetzt machen Pensionen und Rückstellungen rund 13 Prozent des Landeshaushaltes aus. Der Bund der Steuerzahler fordert, Pensionen mit gesetzlichen Renten gleichzustellen. Der Beamtenbund hält dagegen: das sei längst geschehen. Ein Überblick.
Beamte in Baden-Württemberg
Das Land beschäftigt derzeit 183 228 Beamte. Die meisten davon sind Lehrer, aber auch bei Polizei, Gerichten und Steuerbehörden arbeiten viele Staatsdiener. Den besonderen Status erhalten Bedienstete in Bereichen, in denen man eine besondere Staatstreue und Unabhängigkeit verlangt. 1970 waren es rund 100 000, nach Einstellungswellen bei Schulen und Polizei stieg die Zahl auf 164 000 Mitte der 1980er-Jahre. Dabei muss man aber zwei Dinge berücksichtigen: Erstens gibt es heute mehr Teilzeitkräfte und mehr Vollzeitstellen. Zweitens fielen bei der Verwaltungsreform 2005 rund 4000 Beamtenposten an die Gemeinden. Die Ausgaben für die Landesbediensteten machten 1985 rund 14 Prozent des Landeshaushaltes aus, heute sind es mehr als 30 Prozent.
Pensionen und Versorgung
Beamte bekommen ihre Altersbezüge vom Land. Anders als gesetzlich Versicherte zahlen sie nicht in die normale Rentenkasse ein. Den Hauptanteil der Altersvorsorge zahlt ihr Dienstherr – also Bund, Land oder Kommune aus Steuermitteln.
Steigende Kosten
Mittlerweile macht der Anteil der Versorgungsbezüge – neben den Pensionen sind das Witwen- und Waisenrenten und Beihilfen zur Gesundheitsversorgung – ein Drittel aller Personalausgaben des Landes aus. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hat für das laufende Jahr 5,56 Milliarden Euro eingeplant. Hinzu kommen Zahlungen in Rücklagen. Darin spart das Land bestimmte Beträge pro Beamten. Derzeit sind in beiden Sondervermögen rund 5,5 Milliarden Euro angelegt. Nach vielen Einstellungen in den 1970er- und 1980er-Jahren erreichen diese Beamten den Ruhestand. Zudem fallen mehr Kosten an, weil es mehr Teilzeitkräfte gibt und die Gesundheitsausgaben pro Kopf wie bei anderen Arbeitnehmern steigen.
Gegenmaßnahmen
Das Land hat befristet die Eingangsbesoldung für Beamte abgesenkt und pro Jahr 53 Millionen Euro bei den Bezügen gespart. Sie will dies aber bis 2022 rückgängig machen. Die grün-schwarze Koalition hat aber verabredet, 5000 Stellen beim Land einzusparen. Daneben will man weiterhin in die Rücklagen einzahlen. Außerdem gab es Anpassungen beim Renteneintrittsalter und Abschläge für Beamte, die in Frührente gehen.
Pensionskritiker
„Es wird keine Gleichheit zwischen Pensionären und Rentnern hergestellt“, kritisiert der Präsident des Bundes der Steuerzahler in BadenWürttemberg, Wilfried Krahwinkel. Mittlerweile gilt zwar sowohl für Angestellte wie für Beamte: Sie bekommen erst mit 67 Jahren volle Bezüge und das Rentenniveau ist angeglichen. Aber seit 2005 gibt es bei der Rente einen Nachhaltigkeitsfaktor. Er bremst den Anstieg der Renten, wenn zu wenige Beitragszahler zu viele Rentner finanzieren. Krahwinkel hält Klagen für überzogen, der Beamtenberuf werde durch Einsparungen bei Lohn und Pension unattraktiv. „Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes liegt in der Sicherheit und der sehr guten Altersvorsorge“.
Pensionsbefürworter
Der Beamtenbund Baden-Württemberg (BBW) hält das Risiko, das die Beamtenpensionen für den Haushalt bedeuten, für überschaubar. „Da ist in Baden-Württemberg Entwarnung angesagt“, so BBW-Chef Volker Stich. In den kommenden Jahren werde die Zahl der Pensionsempfänger zwar noch steigen, doch danach sei der Wendepunkt erreicht. Zwischen 1995 und 2015 seien die Ausgaben für die Beamtenversorgung noch um 160 Prozent gewachsen, der Landeshaushalt um 65 Prozent. Das sei trotz Finanzkrise leistbar gewesen. Bis 2035 prognostiziert Stich einen Anstieg der Versorgungsausgaben um nur noch 65 Prozent – das sei deutlich weniger und angesichts gut gefüllter Landeskassen ebenfalls zu stemmen. Die Beamten wiesen auch daraufhin, dass sich Bruttorenten und -pensionen schwer vergleichen lassen. Unter anderem zahlen ehemalige Beamte höhere Steuern auf ihre Bezüge, außerdem fallen Beiträge für die private Krankenkasse an. Darüber hinaus erhalten Beamte anders als Beschäftigte bei großen Unternehmen keine Betriebsrenten.