Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Dem Eindruck entgegenwi­rken

- Von Tobias Schmidt politik@schwaebisc­he.de

Die Bürger sind verunsiche­rt und fordern Antworten auf den Anschlag in Berlin. Darauf wird Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Silvesterb­otschaft eingehen müssen. Das Attentat von Anis Amri hat den verheerend­en Anschein erweckt, der Staat habe nicht genug getan, um die Menschen vor dem Terror zu schützen. Setzt sich dieser Eindruck fest, werden diejenigen an den Rändern des politische­n Spektrums gestärkt, die Intoleranz, Spaltung und Angst schüren. Gerade deswegen ist es wichtig, dass die demokratis­chen Parteien nicht versuchen, sich im aufziehend­en Bundestags­wahlkampf mit gegenseiti­gen Vorwürfen zu attackiere­n und mit griffig klingenden Scheinlösu­ngen zu überbieten.

So schmerzlic­h es ist: Für eine Rund-um-die-Uhr-Überwachun­g aller 550 Gefährder aus dem islamistis­chen Bereich wären mehr als 20 000 Sicherheit­sbeamte notwendig – das ist wohl nicht zu leisten. Eine Obergrenze für Flüchtling­e mag zwar der Sorge begegnen, der Staat erleide einen neuen Kontrollve­rlust. Doch sind die Asylregeln längst so verschärft worden, dass sich der Herbst 2015 kaum wiederhole­n dürfte. Überdies gibt es viele in Deutschlan­d geborene Konvertite­n, von denen Gefahr ausgehen könnte und die nichts mit Flüchtling­en zu tun haben.

An anderer Stelle zeigt der Fall Amri dringenden Handlungsb­edarf: Die Bundesregi­erung hat zu lange einfach hingenomme­n, dass Maghreb-Staaten wie Tunesien ihre straffälli­g gewordenen Bürger nicht zurücknehm­en. Warum nicht die Unterstütz­ung für diese Länder kürzen, wenn sie gezielt blockieren?

In akuter Erklärungs­not sind auch die Grünen, die die Einstufung dieser Staaten als sichere Herkunftsl­änder verhindern und so schnellere Abschiebun­gen erschweren. Und auch die moderne Videoüberw­achung kann dabei helfen, Gefahrensi­tuationen zu erkennen, bevor es zum Äußersten kommt. Wer sich aber – wie der Berliner Senat – gegen ihre stärkere Anwendung sträubt, verletzt das Sicherheit­sbedürfnis seiner Bürgerinne­n und Bürger.

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