Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wieder ein Grand-Slam-Traum geplatzt
Der US-Amerikaner Sam Querrey besiegt überraschend den Weltranglistenersten Novak Djokovic
(dpa) - Konsterniert erhob sich Boris Becker von seinem Tribünenplatz. Am Ort seiner größten Erfolge riss am Samstag die imposante Serie seines Schützlings Novak Djokovic. In Wimbledon scheiterte der Titelverteidiger und Topfavorit schon in der dritten Runde am Weltranglisten-41. Sam Querrey aus den USA. Als der serbische Tennisprofi eine Vorhand ins Aus spielte, war das 6:7 (6:8), 1:6, 6:3, 6:7 (5:7) besiegelt und für ihn die Hoffnung auf den vierten Wimbledonsieg und den Triumph bei allen vier Grand-Slam-Turnieren in diesem Jahr dahin.
Schon gut 15 Minuten nach dem letzten Ballwechsel stellte sich Djokovic den Fragen der Presse. So schnell wie möglich wollte er durch sein mit der Pflicht, so schnell wie möglich weg vom Tennis. Der 29-Jährige wirkte enttäuscht, konnte aber auch schon wieder lächeln. „Bei einem Grand Slam zu verlieren schmerzt mehr als bei jedem anderen Turnier“, sagte der dominante Tennisprofi der vergangenen Monate. „Es war ein sehr erfolgreiches Jahr, aber auch ein sehr erschöpfendes. Zum Glück habe ich eine Familie und ein Leben neben dem Tennis.“Seit sieben Jahren war Djokovic nicht mehr so früh bei einem Grand Slam gescheitert – 2009 hatte ihn in der dritten Runde der French Open der Augsburger Philipp Kohlschreiber bezwungen.
Sein Aus gegen Querrey beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt hatte schon am Freitag seinen Anfang genommen. Mit 6:7 (6:8) und 1:6 gab der zwölfmalige Grand-SlamSieger die ersten beiden Sätze ab. Er konnte sich zunächst glücklich schätzen, dass sein Spiel wegen des Regens abgebrochen wurde – und er am Samstag mit frischem Mut wieder anfangen konnte. Zwangspausen blieben ihm auch da nicht erspart. Dreimal wurde sein Match noch unterbrochen. Zunächst hatte es den Anschein, als würde Djokovic das Match noch einmal drehen können, ähnlich wie im vergangenen Jahr gegen den Südafrikaner Kevin Anderson als er ebenfalls 0:2 nach Sätzen hinten gelegen hatte. Am Ende des Turniers hielt er den Pokal in den Händen.
Gegen Querrey gewann Djokovic auf Platz 1 den dritten Satz – und schlug im vierten Durchgang zum Satzausgleich auf, vergab aber die Chance. Als die Organisatoren die Profis bei 5:6 in die Kabine schickten, winkte Djokovic mit seinem Schläger ein wenig verzweifelt in Richtung Becker. Doch auch die Tipps des dreimaligen Wimbledonchampions halfen nicht mehr. „Mein Bestes war in diesem Jahr nicht genug“, sagte Djokovic. „Ich gehe hoffentlich als stärkerer Spieler da raus.“
Eigentlich schien es, als wäre Djokovic in diesem Jahr alles zuzutrauen. Erst als dritter Spieler der Tennisgeschichte hatte der 29-Jährige alle vier Grand-Slam-Titel zur gleichen Zeit in seinen Besitz gebracht. Auch den letzten ihm noch fehlenden großen Sieg hatte er bei den French Open geholt. 30 Partien gewann er nacheinander bei den vier wichtigsten Tennisturnieren. „Wir denken, es ist unmöglich, ihn zu schlagen. Aber natürlich ist er schlagbar. Er kann keine 200 Matches am Stück gewinnen“, sagte der siebenmalige Wimbledonchampion Roger Federer.
Selbst der Grand Slam – alle vier großen Titel in einem Jahr – schien für Djokovic möglich. Oder gar der Golden Slam, inklusive OlympiaGold in Rio. „Ich will nicht überheblich klingen, aber ich denke, dass alles im Leben erreichbar ist“, hatte der Weltranglistenerste in Paris noch gesagt.