Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
32 Kirchen und 23 Klöster
Emeringer Historiker hält in Zwiefalten Vortrag über Architekt Johann Michael Fischer
- Reinhold Halder, Emeringen, war die leitende Hand für die aktuelle Ausstellung in Zwiefalten „900 Jahre Benediktinerklöster Zwiefalten und Kladruby 1115 bis 2015“. In einem Vortrag für den Geschichtsverein Zwiefalten setzte sich der Historiker mit den Arbeiten des bedeutenden Baumeisters Johann Michael Fischer bei der Überplanung des Zwiefalter Münsterbaus und dem Endausbau auseinander.
Zur Einstimmung berichtete Halder über die vorhandenen Unterlagen zum Münsterbau: Eine ausführliche Dokumentation liegt von Klosterbruder Ottmar Baumann vor. Dazu gehören auch Aufschriebe und Rechnungen in zahlreichen Archiven. Von den Gebrüdern Josef und Martin Schneider aus Baach ist eine Sammlung von Architekturzeichnungen vorhanden, ebenso Zeichnungen von Johann Michael Fischer.
Mit Bildern von historischen Kirchenbauten aus der damaligen Epoche zeigte Reinhold Halder den Baustil auf, zum Beispiel von der Basilika in Weingarten, der Benediktinerabtei in Einsiedel/Schweiz und der Jesuitenkirche St. Michael in München. Ein besonderes Augenmerk galt den damaligen Kuppeln, eine sehr interessante Aufgabe für Statiker.
Romantischer Bau abgebrochen
Vom früheren Münster im romanischen Baustil ist noch ein Bild aus dem Jahr 1620 vorhanden. Ein Modell steht im Peterstor in Zwiefalten. Dieser Bau wurde bereits vor 1738 abgebrochen. Lange Jahre wurde dann verhandelt über Münstererneuerung oder Münsterneubau?
Wesentliche Entscheidungsträger für die Münsterbauten waren die jeweiligen Äbte. In Zwiefalten waren dies damals Abt Beda Sommerberger (1715 - 1725) und Abt Augustin Stegmüller (1725 - 1744). Stegmüller, auch Bauabt genannt, hat gegen den Widerstand des Konvents den Neubau durchgesetzt und damit den Anstoß für den Münsterbau gegeben.
Baumeister in den ersten Jahren waren die Gebrüder Josef und Martin Schneider aus Baach. Diese hatten die gediegene Handwerkskunst von ihrem Vater Benedikt Schneider und von Baumeister Franz Beer gelernt. Verschiedene Grund- und Aufrisse der Kirchen in Hayingen, Feldhausen und Obermarchtal und auch Zeichnungen mit Kirchtürmen zeigen die Bemühungen der Gebrüder Schneider auf. Als Werkstoffe verwendeten sie lieber Holz statt Steine. Die geplante Kuppel konnten sie ohne Hilfe und Rat nicht realisieren. Damit war die Zeit von Baumeister Johann Michael Fischer gekommen.
Für die Überplanung des Münsterbaus schöpfte Fischer „aus dem Vollen“. Viele Linien des Baus wurden vereint, hervorstechend ist die majestätische Kuppel über der Vierung. Türme und Fundamente wurden übernommen, mussten aber verstärkt werden. Dadurch wurden die Fundamente sehr kostenintensiv. Die Zahl der gewölbten Kapellen wurde auf zwei mal vier reduziert. Weil der Kapitelsaal außerhalb bleiben musste, wurde als pragmatische Lösung der Altarraum schmäler gehalten. Mit dem kurzen Querschiff wurden große zentralräumliche Elemente eingebaut, die eine festliche Architektur ergeben.
Zum Abschluss wurde eine mächtige, bauchige Vorhalle angebaut, welche den Längsbau großartig ergänzte. So konnte Fischer viele seiner Ideen verwirklichen, nur wenige Teile mussten wegen der umfangreichen Vorarbeiten belassen werden. Manche Bereiche wurden durch die Künstler, Stuckateure und Maler einfach verkleidet. Nach den Unterlagen ist das Zwiefalter Münster dem Baumeister Johann Michael Fischer „richtig ans Herz gewachsen“.
250. Todestag
Die majestätische Bauweise mit viel Helligkeit und künstlerisch wertvollen Arbeiten versetzt auch heute noch die Besucher in Erstaunen und verinnerlicht die handwerkliche Meisterleistung. Zahlreiche wertvolle Gemälde und über 200 Heiligenfiguren erhöhen den Wert des Ensembles.
Die Leistungen des Baumeisters Johann Michael Fischer sind in zwei dicken Bänden dokumentiert und rufen auch heute noch viel Bewunderung hervor. Am 6. Mai 2016 war der 250. Todestag des bedeutenden Baumeisters Johann Michael Fischer.
Zwei Stunden Spannung, Information und Hintergründe lieferte der Historiker Reinhold Halder. Fast 50 aufmerksame, ja begeisterete Zuhörer und -schauer freuten sich über die fachlichen und geschichtlichen Daten und Fakten ebenso wie der Vorsitzende des Geschichtsvereins Zwiefalten Hubertus-Jörg Riedlinger, der Halder einen herzlichen Dank aussprach und Blumen überreichte.