Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Ich möcht’ so gern a Riedlinger sei“
Viele kommunalpolitische Spitzen beim 186. Froschkuttelnessen im Rathaus
- „Sind die guat“: Die Besucher beim 186. Froschkutteln waren voll des Lobes über das diesjährige Kuttelmahl. Gut gewürzt seien die gewesen. So wie auch die Vorträge. Die waren ebenfalls würzig und manchmal auch ordentlich gesalzen: Die Kommunalpolitik wurde aufs Korn genommen, aber auch die Zunft sowie Winfried Kretschmann und Guido Wolf bekamen ihr Fett ab. Zudem wurden zwei Narren-Missgeschicke vor den rund 350 Männern im Rathaus genüsslich ausgebreitet.
Gemütlich war es wieder im Saal, nachdem jeder im Anschluss an die Runde um den Stock einen Platz gefunden hatte. Gemütlich und eng saßen die Männer, vor sich eine Flasche Wein und zwei Wecken auf dem Tisch. Und nach dem gemeinsamen Gole-Lied in gespannter Erwartung der Vorträge: Wer wohl dieses Jahr wieder aufs Korn genommen wird?
Unter den Gästen waren auch wieder einige Promis: Neben Ministerpräsident „Kretsche“, der bereits zum 38. Mal dabei war, saß Wolf, dazu nahmen Sparkassenpräsident und Landtagsabgeordneter Peter Schneider, der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan sowie Bürgermeister Marcus Schafft, Alt-Landrat Dr. Wilfried Steuer und der ehemalige Bürgermeister Hans Petermann am Ehrentisch Platz. Erstmals dabei auch Buchaus Bürgermeister Peter Diesch, der durch seine Quiz-Teilnahme beim Narrenball zu dieser Einladung kam. Entschuldigt waren Landrat Dr. Heiko Schmid und Regierungspräsident Strampfer.
Lothar Sauter hat sich dieses Jahr in seinem heftig beklatschen Vortrag der Kommunalpolitik angenommen. Das Sommertheater war für ihn der Rahmen, eine Geschichte in vier Akten: „Theater gibt’s bei uns fürwahr, auch ohne Eintritt s’ganze Jahr.“Und als wiederkehrender Vers rief Sauter in den Saal: „Der Herr soll unser Städtle segnen, und Hirn auf alle herabregnen, schreien wir dann frank und frei: „Ich möcht so gern a Riedlinger sei.“
Der 1. Akt: Die Diskussion um das Hallenbad. Drei Kostenvoranschläge wurden dem Räten vorgelegt, ob denn das noch seriös sei, fragte er sich. Dass man auf jeden Fall eine Million Euro für die Planung zahlen müsse, egal ob das Bad komme oder nicht, erinnere ihn ans „Schildbürgertum.“
2. Akt: Die Standortdiskussion. Zunächst sei auch das Stadiongelände im Gespräch gewesen, so Sauter, um sogleich zu reimen: „Bei Hochwasser können dann die Kranken, sich um Schlauchbootplätze zanken“. Die größte „Schnapsidee“war für ihn der Standort an der Stadthalle, „wo man den Duft der toten Tiere, zu der Gene- sung inhaliere“. Und dass die chirurgische Praxis so gut laufe, sei dem Kreis und Sana ein Dorn im Auge, da man in Biberach ja einen Neubau plane, der voll belegt werden müsse.
Der 3. Akt, das Stadtsparjahr: In Riedlingen müsse gespart werden, doch „trotz allem werden dann gerafft, drei neue Stellen angeschafft.“Auch dass die Stadt noch ein Anrufsammeltaxi brauche oder ein Beachvolleyballfeld, verwunderte ihn.
Im 4. Akt nahm er noch Bürgermeister Schafft aufs Korn. Durch die hohen Brandschutzrichtlinien könne man künftig Bälle in der Stadthalle nur noch Etappen feiern. Der Schultes habe es vorgemacht: Am Donnerstag sei er nach der Hälfte des Programms gegangen, und am Sonntag dann um 22 Uhr wieder gekommen „um das ganze abzuschließen, und den zweiten Teil des Balles zu genießen“.
Gewohnt kernige Worte fand Klaus „Gogo“Gegier bei seinem bejubelten Vortrag. Gegier nahm sich zunächst die Zunft und ihr Jubiläum zur Brust und sang ein Loblied auf diese. „Der Fasnets schönster Augenschmaus, das sind wir – so schaut’s aus“. Um aber sogleich noch nachzuschieben: Bei Laudatios werde „in Bausch und Bogen, das Blaue vom Himmel heruntergelogen“.
Er nahm dann noch eine Gruppe von Zunftmitgliedern auf die Schip- Klaus Gegier mit Blick auf die Landtagswahl 2016 und die Teilnahme von Kretschmann und
Wolf beim Froschkutteln pe, die im sogenannten „Hoeneß-Stüble“feierten. Dabei flocht er Anspielungen auf Steuersparmodelle á la Hoeneß ein. Auch der obligatorische Seitenhieb auf Neufra durfte nicht fehlen. Zur Gründung der Zunft 1865 in Riedlingen ließ er beiläufig einfließen: „In Neufra ist man noch in Haufen, auf allen Vieren ’rumgelaufen.“Dabei wurde auch Narrenrat Frank Steinhart ein Seitenhieb verpasst, der beim Jubiläum in Neufra moderiert habe. Ein Unding, so Gegier: Das ist „wie wenn der Kretsche meint, der Wolf und I sind gute Freind.“Zu den beiden Spitzenpolitikern meinte er: „Der Kret- sche hat den Wolf am Arsch. Der Wolf, der hat großes Glück, er hat den Kretsche nur im Genick“. Und egal wer kommendes Jahr gewinne, griff er ein Slogan des Jahres 2013 auf: „Auf jeden Fall sind wir am End, wieder Ministerpräsident.“
Missgeschicke innerhalb der Zunft waren Thema von Zunftmeister Thomas Maichel und Golebegleiter Harry Reiner. Maichel erzählte die Geschichte eines Narrenkollegen, der nach dem Gewinn des WM-Titels im Sommer dem Alkohol ordentlich zugesprochen habe. Dessen Heimfahrt mit dem Fahrrad gestaltete sich als schwierig. Zwei Mal fand er sich unsanft auf der Erde nieder. Weil er bei einem Sturz auch noch Brille und Geldbeutel verlor, markierte er mit zwei Ästen die Sturzstelle mit einem Kreuz. Maichel schenkte ihm ein weiteres Kreuz aus Ästen und merkte dann an: „Nach Grüningen am Schloss vorbei, nun ein neuer Kreuzweg sei.“
Ebenfalls Missgeschicke in Narrenkreisen griff Harry Reiner auf. Unter anderem erzählte er von einem Maskenträger, der am Morgen nach dem „Gole raus“mit seinen Hunden unterwegs war. Allerdings waren die wohl fitter wie der Mann: Sie zogen so, dass er umgerissen wurde und bäuchlings eine ganze Strecke in Richtung Grüningen gezogen wurde.
Die Politpromis zeigten sich mit dem Froschkutteln zufrieden: „Gut“sei es gewesen, meinte Kretschmann. „Hohes Niveau“, bescheinigte Peter Diesch, ehe sie ins Bürgermeisterbüro schritten: Zum Abrutschten nach unten zur wartenden Menge. Lothar Sauter über die
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MP Kretschmann und der Guido Wolf saßen friedlich Seit an Seit beim Froschkuttelnessen. Auch wenn sie politische Konkurrenten sind, in der Fasnet können sie sich gemeinsam freuen. Als Klaus Gegier die beiden auf die Schippe nahm, lachten sie lauthals auf. Politische Konkurrenz bei der Fasnet? „Alles kein Problem“, so Kretsche.
Dabei hat „Kretsche“natürlich Heimvorteil, wenn er in Riedlingen auf der Fasnet ist. Bereits zum 38. Mal war er heuer beim Froschkutteln dabei, Wolf erst zum zweiten Mal. Da ist noch ein langer Weg, wenn er das aufholen will. Doch bei Kretschmann ist Riedlingen halt die „Hausfasnet“, obwohl er viel ’rum kommt. Dabei demonstrierte er sogar in Mainz bei „Mainz wie es singt und lacht“seine Verbundenheit mit der Riedlinger Fasnet: An seiner Kappe hatte er ein kleines Boppele. „Das hier ist eine viel lokalere Fasnet, das ist viel näher bei den Leut’“, sagt der Ministerpräsident über das Froschkutteln.
In der schwarz-grünen Allianz bei der Froschkutteln-Fasnet fehlte noch der rote Farbtupfer. Das hätte der Zwiefalter Abgeordnete Klaus Käppeler sein können. Der war auch eingeladen, doch als Zwiefalter ist er der eigenen Hausfasnet verpflichtet und hat heute morgen ein bisschen den dortigen Bruddlern gelauscht. Aber 2017, so sein Ansinnen, sollte er nochmals in den Landtag kommen, will er sich das Froschkutteln vormerken. Man sieht, der Mann plant weit voraus. Also dann, bis 2017.
Alles friedlich in der Fasnet. Auch die früher gern zitierte Zwistigkeit zwischen dem Pfarrhaus und dem Rathaus, also zwischen „Don Camillo“und „Peppone“ist mit dem Einzug von Marcus Schafft ins Rathaus Geschichte. Im Gegenteil. Alles ist friedlich. So friedlich, dass „Don Camillo“Stegmann den neuen Rathauschef in der Narrenrede über den grünen Klee lobt und mit ihm sogar eine eigene Zunft aufmachen will: die der Georgsknaben. Denn dazu ernannte der Pfarrer den Schultes von nebenan. So hat er sich einen weiteren Messdiener gesichert. Und ganz im ökumenischen Sinne auch noch einen Evangelischen.
Beim Froschkutteln wurde die Lokalpolitik aufs Korn genommen, aber auch ein kleines Schildchen erinnerte an den Dobendan-Hinweis des Schultes an einen Gemeinderat:
„Auf jeden Fall sind wir
am End’, wieder Ministerpräsident.“ „Theater gibt’s bei uns fürwahr, auch ohne Eintritt s’ganze Jahr.“
Der Fasnetshit der „Weiber von der Stadt“hat ja so richtig eingeschlagen. „Mir roichts, wenn I woiß, dass I kennt, wenn I wett...“. Vielleicht kam das so gut an, weil man irgendwie das Gefühl hat, dass ist in Riedlingen schon seit Längerem das Motto.
Man kann ja vom Spruch des Unlinger Storchs über den Gole halten was man will, aber wie viele Bälle und wie viele Fasnetsveranstaltungen dadurch Stoff geliefert bekamen, ist gar nicht abzusehen. Auch ein kleines Plakat am Straßenrand nahm sich des Themas an:
Eine glückselige und friedliche Nach-Fasnetszeit wünscht