Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Realitätstest für den Traumjob
Schulpraktikum: Mit der richtigen Betriebswahl können Jugendliche erste Weichen stellen
(dpa) - Raum für Späße bietet die Planung des ersten Praktikums genug: Jungen scherzen mit einer Bewerbung beim Porschehändler, Mädchen schwärmen von zwei Schminkwochen bei der Kosmetikerin. „Solche Praktika machen sicher Laune, bringen aber bei der Berufswahlfrage nicht wirklich weiter“, sagt Karin Weyler, Berufs-Coach aus Burgwedel. Weyler berät Jugendliche bei der Frage, wie sie für ihre berufliche Zukunft frühzeitig die richtigen Weichen stellen können.
Mit einem Praktikum sammeln Jugendliche erste Eindrücke von der Berufswelt – und können eigene Vorstellungen überprüfen: „Viele Jugendliche haben von ihrem vermeintlichen Traumjob Bilder im Kopf, die nicht immer der Realität entsprechen“, sagt Beate Jacobsen vom Bildungsbüro im Landkreis Ludwigsburg.
In einem Praktikum können Schüler unter echten Bedingungen sehen, was der Beruf erfordere. Und zwar im Positiven wie auch im Negativen: Manche Schüler merkten schon im ersten Praktikum, dass ihr vermeintlicher Traumjob eigentlich doch nicht ihr Ding ist, andere sind hellauf begeistert und bestärkt in ihrer Idee. „Deshalb ist es sehr wichtig, sich im Vorfeld gut zu überlegen, welcher Betrieb für die Praktikumswahl überhaupt sinnvoll ist“, sagt Weyler.
Doch was tun, wenn man noch gar nicht weiß, was man werden will und machen möchte? Daniela Wölfert rät Schülern, sich inspirieren zu lassen: „Fragt bei Freunden und euren Eltern, welches Praktikum sie sich für euch vorstellen können“, sagt die Verantwortliche für die Berufsorientierung an der Grund- und Hauptschule in Neuenkirchen. Hilfreich kann auch ein Besuch bei der Berufsberatung oder ein Blick in die regionalen gelben Seiten sein. Welche Betriebe und Arbeitgeber gibt es in der erreichbaren Nähe? Was spricht einen davon an? Grundlage für die Auswahl sind die eigenen Interessen und Fähigkeiten: Was kann ich gut? Was macht mir Spaß? Wo sehe ich mich?
Internetportal zur Orientierung
Beate Jacobsen hat für die Berufsorientierung das Internetportal „Wegweiser Beruf“entwickelt: „Wir haben dort ganz viele Informationen und Videos zu einzelnen Berufen gebündelt und verlinkt, so dass Jugendliche sich einen Überblick verschaffen können.“Denn: Unter vielen Berufsbezeichnungen können sich Mädchen und Jungen gar nichts vorstellen.
Was ist ein Stuckateur? Was leistet eine Chemielaborantin? Was macht ein Medientechnologe? Berufe kennenlernen und erste Kontakte zu Arbeitgebern knüpfen, können Schüler auch auf Gewerbeschauen oder bei Tagen der Offenen Tür, wie sie viele Betriebe regelmäßig anbieten.
Weyler empfiehlt, zusätzlich ein paar Jahre vorauszudenken, gerade im Hinblick auf spontane Berufslaunen: „Kann man sich vorstellen, auch in fünf Jahren noch mit Freude sagen zu können, „Ich bin Autoverkäufer oder Kosmetikerin?“Falls nicht, sei es eher nicht das richtige Praktikum.
Doch auch wenn die Praktikumswahl kein Erfolg war, sei die gesammelte Erfahrung nicht vergebens: „Dann weiß man wenigstens schon mal, was man nicht werden möchte“, sagt Wölfert. Durch diesen Negativausschluss können Jugendliche dann für das nächste Praktikum neu und gezielter planen.
Motivation für die Schulzeit
Ein besonders positiver Nebeneffekt des Praktikums ist, dass viele Schüler die Schule danach mit ganz anderen Augen sehen: „Wir erleben oft, dass besonders bei Schülern, die in der Schule nicht die besten Noten haben und deshalb gefrustet sind, im Praktikum richtige Aha-Effekte einsetzen“, sagt Jacobsen. Vor allem durch praktische Tätigkeiten wie zum Beispiel im Handwerk würden die Schüler sich ihrer Stärken bewusst und merkten, dass auch sie eine ganze Menge können. „Das kann richtig motivieren, auch in der Schule nochmal mehr Einsatz zu zeigen.“
Zu wissen, warum sich das Pauken und Büffeln lohnt, auch das zeige das Praktikum häufig: „Arbeitgeber oder Angestellte können viel genauer erklären, warum es wichtig ist, in bestimmten Fächern gute Noten zu haben – auch im Hinblick auf eine Bewerbung“, erklärt Jacobsen.
Um den Wunsch-Praktikumsplatz zu bekommen, empfehlen alle Experten, sich möglichst frühzeitig zu kümmern. „In der Regel sind die Praktikatermine schon ein Jahr im Voraus bekannt“, sagt Wölfert. Dann gelte es, sich mit einer Bewerbungsmappe vorzustellen, am besten persönlich.