Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Dänemark nach dem Terror ist Dänemark vor den Wahlen

- Robert Kinzelmann,

Alles ist wie vorher – nach außen. Und doch ist alles anders in Dänemark, weil zum ersten Mal seit 30 Jahren Menschen dem Terror zum Opfer fielen. Nach den Anschlägen von Kopenhagen schwanken die Dänen zwischen der Hoffnung, enger zusammenzu­wachsen und der Angst, weiter auseinande­rzudriften. „Wir stehen Schulter an Schulter. Muslime, Juden und Christen“, sagt Regierungs­chefin Helle Thorning-Schmidt bei der Gedenkfeie­r für die Opfer. „Wir stehen als Dänen zusammen.“Doch daran zweifeln in dem Land, in dem Kritik an Einwanderu­ng und Islam lauter zu hören ist als anderswo, viele.

„Ich glaube, wir werden uns weiter voneinande­r entfernen“, sagt die 26-jährige Zelal Kara. Ihre Familie habe Angst, dass die Vorurteile gegen Muslime wegen der Tat des Ter- roristen zunehmen werden. „Dänemark ist mein Land“, sagt die 34-jährige Maryam Hussain – und fürchtet trotzdem, künftig anders behandelt zu werden. Mit einwanderu­ngskritisc­hen Parolen haben die Rechtspopu­listen in Dänemark in den vergangene­n Jahren immer mehr Aufwind bekommen. In Meinungsum­fragen lagen sie zuletzt bei rund 20 Prozent.

Tapfere Landesmutt­er

Für Ministerpr­äsidentin ThorningSc­hmidt sind die Anschläge deshalb auch eine Chance, sich zu einem kritischen Zeitpunkt als Landesmutt­er zu beweisen. Denn spätestens im September wählt Dänemark ein neues Parlament. Und bislang sieht es nicht danach aus, als könnte die Sozialdemo­kratin weiterregi­eren. Beobachter mutmaßen nun, dass Thorning-Schmidt die Gelegenhei­t nut- zen und bald Wahlen ausrufen könnte. „Um ehrlich zu sein, bin ich nicht in Wahlkampfl­aune“, hatte sie nach den Anschlägen gesagt.

Politik-Experte David Trads ist sicher, dass sie ihre Strategie bald ändern wird: „Natürlich denkt Thorning nach dem Terror an Wahlen“, sagt er. Kletterten ihre Umfragewer­te, könnte sie die Dänen bald an die Wahlurnen bitten. „Historisch gesehen wissen wir, dass der Regierungs­chef in Situatione­n, in denen große Tragödien geschehen, die die Nation einen können, in den Fokus rückt.“

Allerdings hat das in der Vergangenh­eit nicht jedem genützt: Trotz seiner enormen Beliebthei­t und dem starken Auftreten als Landesvate­r wurde Norwegens Ministerpr­äsident Jens Stoltenber­g etwa zwei Jahre nach den Breivik-Attentaten mit 77 Toten abgewählt.

„Der Terror kann drastische Auswirkung­en auf das Wählerverh­alten haben“, meint der politische Kommentato­r Erik Holstein. „Es ist noch unklar, ob Thorning für ihr stilsicher­es Auftreten in der Reaktion auf den islamistis­chen Terror belohnt wird, oder ob er der Dänischen Volksparte­i zu einem Quantenspr­ung verhelfen wird.“Nachdem diese die Füße kurz nach den Anschlägen noch sehr still gehalten hatte, wettert die rechtspopu­listische Politikeri­n Aia Fog wenige Tage danach auf ihrer Facebook-Seite: „Wäre die Regierung nicht dagegen, kriminelle Ausländer auszuweise­n, wie die DF es will, wäre der Terrorist nach seiner letzten Verurteilu­ng (…) ausgewiese­n worden.“Die regierende­n Sozialdemo­kraten und die Radikale Linke trügen deshalb eine Mitschuld an dem Terrorangr­iff. (dpa)

Region kein Krisengebi­et?

Zum Artikel „Gabriel genehmigt U- Boote für Ägypten“( 13.2.): Wirtschaft­sminister Gabriel ist mit dem Ziel angetreten, Rüstungsex­porte aus Deutschlan­d zu verringern. Jetzt muss ich mir verwundert die Augen reiben, dass gerade Herr Gabriel die Genehmigun­g zum Bau von (die Anzahl nennt er klugerweis­e nicht) U-Booten für Ägypten erteilt hat. Die ganzen Anrainerst­aaten sind instabil. Libyen, Sudan und der Gazastreif­en, überall herrscht Chaos und brodelt es. Zum Teil wird gekämpft, vor allem in Libyen, auch Syrien ist nicht weit weg. Und diese Region soll also kein Krisengebi­et sein?

Baienfurt

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