Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schließung des Rehazentrums wird zu Problem für Patienten
Nach mehr als 20 Jahren musste Physiotheraupeut Franz Merk seine Praxis im Weingartener Hallenbad schließen
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WEINGARTEN - Es ist das Ende einer Ära: Nach mehr als 20 Jahren hat das Rehazentrum Weingarten zum Jahreswechsel seine Praxisräume im Hallenbad aufgegeben, weil der Mietvertrag von der Stadt Weingarten nicht mehr verlängert wurde. Das trifft nicht nur die Gäste, die sich nach einem Bad oder dem Saunagang eine Massage gegönnt haben. Gerade für die älteren Patienten, die auf Anwendungen wie Lymphdrainage oder die Physiotherapie angewiesen sind, ist das ein herber Verlust. Das weiß auch Geschäftsführer Franz Merk, der seine langjährigen Stammkunden nun nur noch am anderen Ende der Stadt behandeln kann. Doch genau das ist für viele Patienten, die nur noch schlecht zu Fuß sind, ein großes Problem. „Wir haben von vielen Patienten Rückmeldungen erhalten“, sagt Merk. „Es geht einerseits um die Empörung der Saunisten, aber in erster Linie um die Patienten. Das sind viel mehr.“Schließlich kommen viele seiner Kunden nicht aus reinem Vergnügen, sondern wegen der medizinischen Notwendigkeit zu ihm. Zwar hat der Geschäftsführer und Physiotherapeut seinen Hauptstandort in der Weingartener Sauterleutestraße. Doch die Praxis ist für viele Senioren, die im Dölle oder der Unteren Breite leben, einfach zu weit und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nur umständlich zu erreichen. „Wir haben dadurch einige langjährige Patienten verloren“, klagt Merk, der vom Verhalten der Stadt Weingarten als Eigentümer und Vermieter enttäuscht ist. Diese nennt „arbeitsschutzrechtliche Gründe“für das Ende des Mietverhältnisses. Konkret geht es im Büroräume für die Mitarbeiter des Hallenbades, die dort zeitnah entstehen sollen. Zudem hätten sich die „brandschutzrechtlichen Rahmenbedingungen“verändert, erklärt Pressesprecherin Sabine Weisel: „Werden die Flächen selbst genutzt, sind die bestehenden Fluchtund Rettungswege gesetzeskonform. Bei einer Nutzung durch Dritte, wie im Falle einer Vermietung an eine externe Praxis, wäre unter anderem ein zusätzlicher, unabhängiger Rettungsweg für den Weiterbetrieb der Praxis erforderlich“, sagt sie. „Ein Aufwand, der nicht nur mit erheblichen Mehrkosten verbunden wäre, sondern gegebenenfalls auch das bestehende Feuer-und Brandschutzkonzept gefährden würde.“Dass mit dem Auszug von Merk nun zahlreiche Bürger vor den Kopf gestoßen werden, bedauert die Verwaltung zwar, bittet aber um Verständnis. Und auch die nun wegfallenden Pachteinnahmen, die das millionenschwere Defizit der Bäder in Weingarten
zumindest minimal verbessert hat, ist für die Stadt kein Argument. „Die Ausfälle der Pachteinnahmen fallen in Relation zu den genannten nötigen Investitionskosten zur Erfüllung der nötigen Standards, schwächer ins Gewicht und müssen aufgrund der zuvor geschilderten Gründe hingenommen werden“, sagt Weisel. Und auch die langjährige Zusammenarbeit spielt bei der Entscheidung ganz offensichtlich keine Rolle. Bereits im Jahr 2000 übernahm Merk die damals noch 160 Quadratmeter großen Räumlichkeiten der alten Massagepraxis. Ein Jahr später baute er um, modernisierte die Praxis und verkleinerte sie auf 80 Quadratmeter. 2009 folgte ein weiterer Umbau, dem ein Fango-Raum zum Opfer fiel, damit eine Behinderten-Toilette entstehen konnte. „Da habe ich auch noch ein Auge zugedrückt“, meint Merk. Schon damals hätte er seinen Mietvertrag gerne um fünf oder zehn Jahre verlängert. Mit dieser Sicherheit im Rücken hätte er dann noch weiter investieren wollen. Doch die Stadt lehnte laut Merk stets ab. Sie verlängerte den Vertrag immer nur um ein weiteres Jahr.
Das ging auch bis zum Jahr 2020 gut. Doch in diesem Sommer wurde ihm letztlich vonseiten der Stadt erklärt, dass der Vertrag nicht weiter verlängert werden würde. Merk machte verschiedene Vorschläge, um im Hallenbad bleiben zu können. So hätte er auf eigene Kosten eine Fluchttür installiert, einen eigenen Anbau finanziert oder zwei Container für die Büroräume des Hallenbad-Personals aufgestellt. Doch die Verwaltung lehnte ab. „Alle Vorschläge wurden eingehend geprüft, erwiesen sich aber leider – unter den gegebenen Umständen - als für nicht realisierbar“, sagt Weisel. Dem hält Merk entgegen, dass von Seiten der Stadt überhaupt kein Lösungsvorschlag kam. „Das ist ein Katz- und
Maus-Spiel, bei dem ich die Rolle der Maus übernommen habe“, sagt Merk. „Ich habe das Gefühl, man hat nicht ernsthaft über Alternativen nachgedacht.“Letztlich wurde ihm der Vertrag im Jahr 2021 – auch unter dem Eindruck der Corona-Pandemie und dem zeitweise ohnehin geschlossenen Hallenbad – aus Kulanz immer wieder um drei Monate verlängert. Doch Ende des Jahres war nun endgültig Schluss. Merk musste ausziehen. Damit einher gingen drei Kündigungen von langjährigen Mitarbeitern, die durch die Aufgabe des Standortes einen Großteil ihrer Kunden verloren haben.
Zwar hatte Merk sich auch nach anderen Räumlichkeiten in der Nähe umgeschaut, aber nichts Passendes gefunden. Andere Alternativen in anderen Stadtteilen kamen dabei nicht infrage. „Das muss in der Siedlung sein. Alles andere bringt mir nichts“, sagt er. Daher hofft der Physiotherapeut, dass die dringend benötigte Sanierung des Hallenbades beziehungsweise der Saunalandschaft noch einmal etwas Bewegung in die Sache bringt. Für Merk, der die Räumlichkeiten sehr gut kennt, ist es beispielsweise gut vorstellbar, dass die Saunen im Zuge einer Sanierung auch verkleinert werden müssten. Das würde ihm wiederum neuen Platz geben, so die Überlegung. Auch will er der erste Ansprechpartner für die Stadt im Falle einer Neuvergabe sein, könnte sich aber auch Räumlichkeiten in der Unteren Breite vorstellen. „Mein Wunsch wäre, dass wir dort zeitnah wieder die Praxis reaktivieren können“, sagt der Physiotherapeut. Und auch Weisel will das nicht kategorisch ausschließen: „Wir hatten mit Herrn Merk über die Jahre eine überaus positive Geschäftsbeziehung und würden – sollte es zu einer neuen Vergabesituation kommen – jederzeit wieder mit ihm das Gespräch aufgreifen.“