Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Tests für den Hausgebrauch sind weniger zuverlässig“
RAVENSBURG - Viele Testungen auf das Coronavirus gelten als wichtiger Teil der Corona-Bekämpfung. Doch die Testverfahren sind zum Teil zeitintensiv und liefern erst mit mehreren Tagen Verzögerung ein Ergebnis. Die Infektionsnachverfolgung ist dadurch schwierig. Sebastian Heilemann hat den Ulmer Virologen Thomas Mertens gefragt, welche neuen Ansätze es für effizientere Tests gibt.
In den USA sollen bald Schnelltests auf das Coronavirus zum Einsatz kommen, die jeder Zu Hause selbst durchführen kann. Wie zuverlässig können solche Tests sein?
Man kann zur Diagnostik bei SarsCoV-2 letztlich vier verschiedene Dinge tun: 1. Man kann das Virus in Zellkultur isolieren. Das ist nur in virologischen Laboratorien möglich, es ist umständlich und nicht schnell. Der Vorteil ist, dass man das ganze Virus genau untersuchen und auch zum Beispiel in Tierversuchen einsetzen kann. 2. Man kann die virale RNA (das Genom des Virus) mittels PCR nachweisen. 3. Man kann Proteine des Viruspartikels nachweisen (sogenannte Antigentests). 4. Man kann Antikörper gegen das Virus nachweisen und diese auch nach Immunglobulinklassen differenzieren (IgG, IgA, IgM). Für 2, 3 und 4. gibt es mittlerweile Schnelltests, von denen derzeit einige Antikörpertests (und künftig auch Antigentests) im Prinzip selbst durchgeführt werden können. Alle Tests sollten eine hohe Sensitivität (Empfindlichkeit) und Spezifität haben, das heißt, wenn das Gesuchte (RNA oder Antigen oder Antikörper) im Untersuchungsmaterial vorhanden ist, muss es sicher nachgewiesen werden (Sensitivität) es darf aber nichts Falsches nachgewiesen werden (Spezifität). Zum Nachweis einer aktuell bestehenden Infektion sind in erster Linie RNA-Nachweise und Antigennachweise geeignet. Die PCR ist empfindlicher (sensitiver) als Antigentests. Es gibt mittlerweile PCRVerfahren, die nur ein ganz kleines Gerät (kleiner Schuhkarton) benötigen. Diese können im Krankenhaus oder in einer Praxis durchgeführt werden und liefern innerhalb von 15 bis 45 Minuten das Ergebnis (Schnelltests). Diese Verfahren stellen eine große Entlastung für die professionellen Laboratorien dar. Antikörpernachweise zeigen eher eine durchgemachte Infektion an, werden erst später nach Infektion positiv und spielen für den Nachweis einer frischen Infektion eine untergeordnete Rolle. Tests „für den Hausgebrauch“sind allgemein etwas weniger zuverlässig. Es kann zu Fehlern bei der Testdurchführung und Testbewertung kommen.
Kann ausgeschlossen werden, dass die sogenannten PCR-Tests auch bei Influenza-Viren ein positives Ergebnis liefern und damit auch Grippepatienten als CoronaPatienten in die Statistiken eingehen?
Ja, das ist unter normalen Umständen unmöglich. Bei der PCR wird eine bestimmte RNA-Sequenz, die es nur bei Sars-CoV-2 gibt, im Labor vermehrt und nachgewiesen. Diese Methode ist hochempfindlich (sensitiv) und sehr spezifisch, wenn sie korrekt durchgeführt wird. Ähnliche Verfahren werden bei kriminaltechnischen Untersuchungen (DNA-Nachweis zur Täterüberführung) eingesetzt.