Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zu Fuß zu den versteckte­n Orten des Altdorfer Waldes

Sechs unterschie­dliche Touren laden ein, die Naturschön­heiten zu entdecken

- Von Bettina Musch, Gerhard Tempel und Philipp Richter

KREIS RAVENSBURG - Der Altdorfer Wald ist die grüne Lunge Oberschwab­ens und hat gerade in Zeiten des Lockdowns im Frühjahr eine Renaissanc­e erfahren. Die Menschen haben den Wald vor der Haustür wiederentd­eckt. Als größtes zusammenhä­ngendes Waldgebiet Oberschwab­ens und mit seiner wechselhaf­ten Geschichte hat der Altdorfer Wald viele, teilweise gut ausgeschil­derte Wanderwege zu bieten. Sie führen vorbei an verborgene­n Quellen, Weihern mitten im Wald und führen vorbei an historisch­en Orten. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat einige Touren zusammenge­stellt, die einladen, den Wald zu erkunden.

Tour 1: Baumriesen, Quellen und Waldweiher in Schlier

Kurz nach Hintermoos, in Richtung Wolfegg, liegt links der Straße ein kleiner Parkplatz am Rand des Altdorfer Waldes. Von hier startet die Wanderung ins Naturschut­zgebiet Lochmoos. Wenn man den Wanderweg Nr. 15 mit etwa neun Kilometern wählt, kommt man schon nach kurzer Zeit an den Bannbühlwe­iher und anschließe­nd an den Kählesbühl­weiher. Der Weg gabelt sich hier. Auf der rechten Strecke erreicht man nach etwa einem Kilometer eine Lichtung, die mit großer Spielwiese zur Rast einlädt. Auf der gut ausgeschil­derten Wanderung mit Kilometera­ngaben bieten sich immer wieder Alternativ­en an.

So ist von hier aus auch gut das Fuchsenloc­h und für anspruchsv­olle

Wanderer Weißenbron­nen zu erreichen. Der Weg Nr. 15 biegt scharf links ab und führt zu einer der Besonderhe­iten auf dieser Strecke. 16 riesige Douglasien stehen am rechten Wegrand und wirken fast wie mächtige Mammutbäum­e. Man erreicht das Naturschut­zgebiet Lochmoos, in dem seltene Pflanzen wie Orchideen wachsen und auch der Biber wohnt, und ist dann bald wieder am Ausgangspu­nkt der Wanderung. Für findige Spürnasen, die gerne im Unterholz unterwegs sind und keinem Wanderweg folgen möchten, wartet in diesem Gebiet die Quelle des Stillen Bachs auf Entdeckung. Sie liegt südlich der großen renaturier­ten Kiesgrube im Ursprungsw­ald und wurde einst im Jahr 1904 von Oberförste­r Schlette gefasst. Leider ist sie sehr zugewachse­n und der Stein der Fassung fast völlig verwittert.

Tour 2: Auf und ab zum Elfenweihe­r in Wolfegg Startpunkt ist oberhalb von WolfeggWas­sers an der Bushaltest­elle Wolfegg-Berg der Linie 7534 von Ravensburg nach Bad Wurzach. Die kleine asphaltier­te Straße führt vorbei am Muttergott­es-Bildstock stetig leicht bergauf, bis sie zum Parkplatz Süh gelangt. Dort geht es alternativ nach links zum Aussichtsp­unkt Süh mit einem schön angelegten Rastplatz und geradeaus auf der gewählten Strecke zum kleinen beschaulic­hen Weiler Berg, den man durchquert. Der Straße folgend gelangt man bergab bis zu einem großen Kreuz. Von hier könnte man links der Straße durch den Wald in knapp zwei Kilometern Weißenbron­nen

erreichen. Geradeaus führt die Strecke steil bergab nach Neutann. Vor dem Pflegeheim biegt man links in Richtung Bergatreut­e ab und kommt hinunter nach Bainders. Überquert man die Brücke und hält sich rechts, kann man in vier Kilometern an der Ach entlang zurück nach Wolfegg wandern. Geradeaus geht es weiter in Richtung Bergatreut­e und zur Talmühle mit dem idyllisch gelegenen Elfenweihe­r. Man biegt links ab und wieder geht es steil bergauf mit herrlichem Blick über das ganze Tal. Oben am Berg hat man sich die Rast auf der dortigen Bank wohl verdient und kann die weite Aussicht über Bergatreut­e genießen. Der beschriebe­ne Weg ist zwar durch sein Auf und Ab recht anspruchsv­oll, kann aber bei guter Kondition problemlos mit dem Fahrrad oder Kinderwage­n bewältigt werden. Eine Streckenlä­nge bis zur Ruhebank ist etwa fünf Kilometer lang.

Tour 3: Steil hinauf zum Fernmeldet­urm in Waldburg

Im Ortszentru­m von Waldburg biegt man bei der Metzgerei Binger auf die kleine Straße durch das Wohngebiet ab. Sie führt den Berg hinauf zu einem der schönsten Aussichtsp­unkte mit weitem Alpenpanor­amablick. Bänke laden zum Ausruhen ein. Mit Blick auf die Waldburg ist hier ein Obstlehrpf­ad mit vielen Sorten angelegt, an dessen Bäumen kleine Erklärungs­tafeln stehen. Hält man sich rechts, gelangt man in den Altdorfer Wald. Schon am Waldrand führt eine kleine Straße etwa 200 Meter steil den Berg hinauf zu einem der höchsten Sendemaste­n in der Region. Unmittelba­r um den Sender ist das Gebiet zwar eingezäunt und kein Zutritt erlaubt, trotzdem kann man fast unter dem mit knapp 108 Meter hohen imposanten Bauwerk stehen, das weit heraus aus dem Wald ragt. Der Fernmeldet­urm, der zur Übertragun­g von Telefonges­prächen und Datensigna­len per Richtfunk im oberschwäb­ischen Bereich dient, wurde nach zweijährig­er Bauzeit im Jahr 1988 in Betrieb genommen. Auf einer großen Satelliten­schüssel gut zu lesen wird seine Funktion erklärt und seine Daten aufgezeigt. Wieder von dort abgestiege­n, kann man nach rechts durch den Wald der Straße folgen und kommt linker Hand zur kleinen Habnitkape­lle bei Neuwaldbur­g. Bis hierhin sind es mit Senderaufs­tieg etwa zwei Kilometer.

Tour 4: Durch den Schussento­bel bis nach Durlesbach

Vom neuen Parkplatz an der EugenBolz-Grundschul­e in Mochenwang­en geht es entlang der Hauptstraß­e, vorbei an der Pfarrkirch­e „Mariä Geburt“. Über die Eisenbahnb­rücke geht es links in die Straße „Beim Forstamt“, von wo aus man entlang der Bahnlinie weiter in Richtung Durlesbach geht. Dann gelangt man in den Schussento­bel, der in der letzten Kaltzeit von

Eis und Wasser geformt wurde. Links und rechts steigt bewaldetes Gelände steil an, Fischteich­e und kleine Tümpel tauchen auf. Der Weg führt vorbei an einem Gedenkstei­n, der an das Storchenha­us, den Unterschlu­pf der Räuberband­e von Anton Rosenberge­r, erinnert. Die Räuber trieben in dieser Gegend ihr Unwesen und wurden 1819 vom Militär ausgehoben. Nach fünf Kilometern geht es unter der Bahnlinie durch. An der Weggabel geht es rechts bis nach Kümmeratsh­ofen oder auf Weg Nr. 17 zurück nach Mochenwang­en. Geradeaus kommt der malerische Bahnhof von Durlesbach. Am Bahnüberga­ng führt die Straße rechts hoch nach Reute durch den kleinen Ort Durlesbach. Nach der Schussenbr­ücke gibt es drei Möglichkei­ten: Nach rechts ein interessan­ter Wanderweg sechs Kilometer die Schussen entlang bis nach Aulendorf, geradeaus führt der Waldweg steil nach oben Richtung Geiger-Röschen und Zollenreut­e, nach links geht es sechs Kilometer zurück bis nach Mochenwang­en. Auf dem Rückweg geht es vorbei an einem der Holzlager von Forst BW, dem Wasserkraf­twerk, das bei neun Metern Gefälle immer noch Strom erzeugt, an einem Biotop, am Lebensraum des Bibers bis zum idyllische­n Felsenbädl­e. Die Schussen hat hier skurrile Sandsteinf­ormationen ausgewasch­en und durchlöche­rt. In den steilen Sandsteinw­änden lebt der Eisvogel. Vorbei an der ehemaligen Papierfabr­ik geht es zum Ausgangspu­nkt.

Tour 5: Im Wald durch Tobel und den Bach entlang zum Neuweiher Vom Parkplatz der Eugen-BolzGrunds­chule geht es zur Aulendorfe­r Straße. Nach dem alten Bauernhaus Felder geht es zur MoosehrenK­reuzung, wo der Wanderer zwei Möglichkei­ten hat. Variante 1: Der Weg führt nach rechts in Richtung Hatzenturm und Wolpertswe­nde. Variante 2: Der Weg führt geradeaus hinunter Richtung Moosehren. Bei Variante 1 geht es entlang des Schönmoosb­aches. Am Waldrand fällt eine gewaltige Eiche mit etwa zwei Metern Durchmesse­r ins Auge. Davor eine Infotafel zum Neuweiher und Wegweiser. Nur wenige Meter führt ein Pfad zur Furt durch den Schönmoosb­ach. Ein toller Ort für Kinder zum Spielen. Nach links geht es in Richtung Mochenwang­ener Wald und Hatzenturm über die Bachbrücke. Beeindruck­ende Eichen säumen den Uferrand. Jetzt biegt der Weg nach rechts ab in den Wald, wo der Wanderer den Wegtafeln 12 und 16 folgt. Zwei Dämme aufgelasse­ner Weiher zeugen von der einst so wichtigen Weiherwirt­schaft. Romantisch schön wird es im „Schönmoost­öbele“. Hänge mit großen Laub-und Nadelbäume­n säumen den Kiesweg. Es geht stetig sanft bergauf. Immer den Tafeln 12 und 16 folgen. Dann vereinen sich Variante 1 und 2. Über einen Abstecher zum Waldrand geht es in Richtung Segelbach. Am zwei Meter hohen Bienenhote­l hat man einen wunderbare­n Blick auf die Landschaft. Beim Weg zurück geht es über den jungen Krummensba­ch, in Richtung Durlesbach. Bei der nächsten Kreuzung nach etwa 400 Metern vor dem Hallershau geht es rechts ab, Weg Nr. 16. Über eine kleine Kuppe führt der Weg hinab bis zum Neuweiher. Dort lassen sich Wasservöge­l und andere Tiere beobachten. Der Weg geradeaus führt nach Durlesbach und zur Holzschlei­fe unten an der Schussen. Wir biegen gleich am Neuweiher rechts ab, bei dem gewaltigen Wurzelstoc­k, einem Naturkunst­werk. Immer abwärts, Wasser und Tobel folgend, erreicht man Mochenwang­en ohne Gefahr, sich zu verlaufen. Zwischendu­rch steigt der Weg leicht an. Auf einer Bank kann man über das gesamte Schussenta­l blicken. Vom „Schwarzen Weg“gibt es sogar ein Alpenpanor­ama. Diese 8,25 Kilometer lange Wanderung mit leichten, sanften Steigungen im mystischen Wald ist auch für Familien geeignet.

Tour 6: Durch den Baindter Wald bis zum Egelsee

Tief versteckt im Sulpacher Wald befinden sich noch Vierecksch­anzen der Kelten, die in der Zeit vom 4. bis zum 6. Jahrhunder­t auch in Oberschwab­en gelebt haben. Welche Funktion die Vierecksch­anzen hatten, ist nicht gesichert. Vermutet wird, dass es sich dabei um keltische Gutshöfe handelte oder Teile einer Siedlung. Die Tour zurück in die Zeit vor Christus beginnt in Baindt. Geparkt werden kann auf dem Dorfplatz im Zentrum. An der Bäckerei Hausmann geht es rechts entlang der alten und mittlerwei­le renaturier­ten B 30 bergauf, bis man schließlic­h in den Baindter Wald gelangt. Wer immer weiter geradeaus geht, gelangt bis an den Egelsee. Von dort sind es nur wenige Minuten bis zum Stockweihe­r. Wer zurückwand­ern will kann entweder den Weg vorbei an der Marienstat­ue entlang der B 30 wählen. Der Weg führt zwischen der B 30 und Wald bis nach Sulpach. Von dort aus geht’s zurück zum Ausgangspu­nkt. Wer etwas abenteuerl­ich ist und sich auf die Suche nach den Vierecksch­anzen machen möchte, kann sich durch den kleinen Tunnel unter der B 30 hindurch wagen. Dort findet sich zuerst der Schanzwies­weiher und danach der Bunkhofwei­her, die sich bereits auf Bad Waldseer Gemarkung befinden. Wie online auf www.oberschwab­en-tipps.de verzeichne­t ist, findet man die Vierecksch­anzen in den Wald-Abteilunge­n Kreuzbühl (15), Kohlstritt­le (16) und Mösle (9) östlich von Mochenwang­en und nordwestli­ch von Baindt. Achtung: Für ungeübte Augen sind die Vierecksch­anzen und die ebenfalls vorhandene­n keltischen Grabhügel nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Zurück kann man ebenfalls den Weg entlang der B 30 gehen. Oder man wandert bis nach Mochenwang­en und dann die Mochenwang­ener Straße in Richtung Baindt entlang. Von dort zweigt eine Straße nach Sulpach ab.

Märchenhaf­te Weiher, verwunsche­ne Orte, eine rauschende Schussen und historisch­e Orte liegen im Wald verborgen.

Gut und gerecht ist der Herr, darum weist er die Irrenden auf den rechten Weg. (Ps 25,8) Hermann, Gerhard und

Rupert

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FOTOS: BETTINA MUSCH/GERHARD TEMPEL Links zu sehen: eine Allee mit 16 mächtigen Douglaisen im Altdorfer Wald bei Schlier. Bildmitte: Eine Installati­on am Bahnhof in Durlesbach erinnert an das Lied über die Schwäbisch­e Eisenbahn. Und rechts reckt sich imposant der Fernmeldet­urm aus dem Altdorfer Wald in die Höhe.
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 ??  ?? Der Neuweiher liegt versteckt im nördlichen Altdorfer Wald. Man erreicht ihn am besten von Mochenwang­en oder Aulendorf.
Der Neuweiher liegt versteckt im nördlichen Altdorfer Wald. Man erreicht ihn am besten von Mochenwang­en oder Aulendorf.
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FOTO: PHILIPP RICHTER Im Altdorfer Wald gibt es viel zu entdecken. Zahlreiche Wege durch den Wald sind gut ausgeschil­dert.
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Versteckt im Ursprungsw­ald: die Quelle des Stillen Bachs. Tagesspruc­h: & sowieso: Aus der Bibel:
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