Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Weingarten ringt um Kita-Plätze
Ein Neubau ist vom Tisch – Stadt will mit Modulbau langfristig planen
WEINGARTEN - Viele Kinder - zu wenig Plätze. Die Stadt Weingarten reagiert auf den immer steigenden Bedarf an Kita-Plätzen und legt dem Gemeinderat ein Konzept vor, das bis ins Jahr 2030 reicht. Denn dann werden laut Prognose 1049 Kinder einen Betreuungsplatz brauchen. Aktuell sind es 860, und für die sind jetzt schon nicht ausreichend Plätze vorhanden (SZ berichtete).
Die Gründe für die angespannte Situation sind vielfältig. Zum einen machen immer mehr Eltern den Rechtsanspruch auf einen Platz geltend, insbesondere bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Zum anderen, weil das Land entschieden hat, den Einschulungsstichtag vom 30. September auf den 30. Juni vorzuziehen. Dadurch werden weniger Kindergartenkinder in die Grundschulen wechseln und noch ein weiteres Jahr im Kindergarten bleiben.
Mit kurz- und langfristigen Maßnahmen will die Stadt die prekäre Situation lösen. Zwar hält der CDUFraktionsvorsitzende Markus Brunnbauer das vorgelegte Konzept 2030 für „realistisch“, doch ein genauerer Blick auf die Maßnahmen zeigt, wie eng es an der unteren Kante genäht ist und durch Unwägbarkeiten einstürzen kann.
Denn wie Rainer Beck, Fachbereichsleiter Gesellschaft, Bildung und Soziales, erläuterte, sind in der Planung
nur zusätzliche Plätze für das gerade entstehende Stadtviertel „Martinshöfe“eingerechnet. Allein hier gehe man von einem weiteren Bedarf von zwei Gruppen aus. Nicht berücksichtigt wurden die Zahlen aus dem Stadtentwicklungsplan ISEK, der von einer Zunahme der Weingartener Bevölkerung von derzeit knapp 26 000 auf fast 30 000 ausgeht.
Doch der Reihe nach: Kurzfristig will die Stadt die Kinder, die jetzt noch auf der Warteliste für das kommende Kindergartenjahr 2020/21 stehen, mit einem weiteren Waldkindergarten beim Hofgut Nessenreben, zusätzlichen Ü3-Plätzen in der Großtagespflegestelle „groß&klein“und die übergangsweise Wiedereröffnung des Standorts in der Ravenburger Straße auffangen. Zusätzlich wird es eine weitere Außengruppe des Kindergartens St. Elisabeth geben. Die Stadtverwaltung wird hierzu Räume in der Unteren Breite anmieten. Außerdem hat das baden-württembergische Kultusministerium aufgrund der Corona-Krise erlaubt, die Höchstgruppengröße um ein bis zwei Kinder pro Gruppe zu überschreiten, ohne dass zusätzliches Personal zur Verfügung stehen muss.
Da der Xaverius-Kindergarten im nächsten Jahr abgerissen wird und ein Neubau entsteht, fallen diese Plätze weg. Die Stadt will dies mit einem Modulbau auffangen, der Platz für vier Regelgruppen mit jeweils 25 Kindern bieten würde. Der Gemeinderat erteilte der Stadt dementsprechend einen Prüfauftrag. Die Kosten sind also noch nicht bekannt, der Standort ist ebenfalls noch offen.
Der Modulbau soll auch langfristig für die nächsten 10 bis 15 Jahre den steigenden Bedarf decken. Vom Tisch ist damit die Lösung für einen Neubau eines Kindergartens in der Grünanlage Boschstraße in der Unteren Breite. Zwei Gründe sprechen aus Sicht der Stadt dagegen. Zum einen würde der Neubau erst in drei Jahren fertig. So lange könne Weingarten nicht warten, da der XaveriusKindergarten schon nächstes Jahr abgerissen werde. Außerdem sei den Eltern des Xaverius-Kindergartens der lange Weg nicht zuzumuten.
Und da sind freilich auch die Kosten. Der Neubau einer fünfgruppigen Kindertagesstätte würde vermutlich fünf Millionen Euro verschlingen. Geld, das Weingarten nicht hat.
Unverständnis zeigten die Grünen und die SPD für die Tatsache, dass kein weiterer Kindergarten in den Martinshöfen vorgesehen ist. Die Stadt verwies auf die frühe Entscheidung, keinen Kindergarten in den Martinshöfen zu bauen, weil in der Nähe des neuen Stadtviertels bereits genügend vorhanden seien.
Letztendlich werden sich wohl auch die Eltern an den Maßnahmen beteiligen müssen. Weingarten hatte bislang eine Erhöhung der Gebühren abgelehnt, da man eh schon relativ hohe Preise habe. Doch im Rahmen der Haushaltskonsolidierung kündigte Doris Konya, Abteilungsleiterin Familie und Soziales, eine Erhöhung an. Wie hoch diese ausfallen werde, sagte sie in der Gemeinderatssitzung am Montag noch nicht.
Im Herbst wird sich der Rat wieder mit diesem Thema beschäftigen.