Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das kleine Einmaleins der Fahrradreifen
Was Radler über Pneus wissen müssen und wie sich der Komfort steigern lässt
Rollwiderstand, Luftdruck, Profil: Radler müssen bei den Reifen einiges beachten. Je nach Einsatzart sind die Unterschiede groß. Neuartige Produkte versprechen sogar komplett wartungsund pannenfreies Radfahren. Eine Übersicht:
Das Profil:
Grobe Stollenreifen gehören wie die glatten Slicks zu den Spezialisten. „Stollenreifen finden sich bevorzugt am Mountainbike. Sie greifen tiefer in den Boden, um dem Rad zum Beispiel auf Waldböden mehr Halt am Untergrund zu geben“, sagt Thomas Geisler vom Pressedienst-Fahrrad (pd-f). Profillose Slicks an Rennrädern bieten auf trockener Fahrbahn ein Maximum an Haftung. Eine Mischform stellen Pneus für Reiseräder dar: Für Asphalt verfügen sie über eine recht glatte Lauffläche, für besseren Halt auf Passagen mit weicherem Grund sorgen seitlich kleine Stollen. „Eine Mindestprofiltiefe wie beim Auto gibt es für Fahrräder nicht“, sagt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Vorschriften existieren nur für S-Pedelecs sowie E-Bikes, die auch ohne Tretbewegung fahren. Die Norm ECE-R 75 schreibt mindestens einen Millimeter vor.
Der Luftdruck:
Auf den Reifenflanken ist eine Spanne angegeben, meist in bar, seltener in psi. Die meisten Reifen können mit zwei bis sechs bar befüllt werden, Rennradreifen vertragen teils bis zu zwölf bar. Der Luftdruck dient hauptsächlich dazu, den Fahrkomfort zu regeln. Je härter der Reifen aufgepumpt ist, desto geringer ist seine dämpfende Wirkung. Die Aufstandsfläche ist dabei geringer – dafür rollt er aber auch besser. Breitreifen bieten beim komfortsteigernden Spiel mit dem Luftdruck grundsätzlich mehr Möglichkeiten. In den letzten Jahren sind genau aus diesem Grund Ballonreifen, bis zu 52 Millimeter breit, in Mode gekommen, sagt Filippek. Allerdings erschwert das höhere Reifengewicht das Beschleunigen. Gleichzeitig werden auch die Slicks für Rennräder ausladender: Früher 19 oder 20 Millimeter breit, sind jetzt 25 Millimeter oder mehr angesagt, berichtet Sarah Hohmann-Spohr, Sprecherin bei Continental im nordhessischen Korbach, wo das Unternehmen Fahrradreifen produziert. Würden diese komfortabler mit nur leicht niedrigerem Luftdruck gefahren, erhöhe sich der Rollwiderstand nicht merklich.
Der Rollwiderstand:
Er hat Einfluss darauf, wie schnell der Radler bei gleichem Kraftaufwand fahren kann. Allerdings müssen sich nur sportlich ambitionierte Fahrer oder Rennradpiloten mit variierendem Rollwiderstand innerhalb eines Reifentyps auseinandersetzen. „Für normale Radfahrer sind die Differenzen kaum relevant“, sagt Geisler. Ist der Pedaltreter aber mit lasch aufgepumpten Reifen unterwegs, meldet sich der Rollwiderstand sehr wohl: Dann braucht man merklich mehr Kraft. Neben Reifenbreite und Luftdruck hat auch das Profil Einfluss auf den Rollwiderstand.
Der Pannenschutz:
Eine wichtige Frage ist, wie viel Gummi der Pneu bietet, um einen Platten zu vermeiden. Slicks haben hier schlechtere Karten als Profilreifen. Mit „unplattbar“oder ähnlichen Begriffen werden Trekkingreifen mit spezieller Pannenschutzeinlage beworben. „Sie ist so dick, dass Scherben und kleine spitze Gegenstände nicht mehr bis zum Schlauch vordringen können“, sagt Filippek. Allerdings bedeutet mehr Pannenschutz auch einen höheren Rollwiderstand. Außerdem gibt es „Tubeless“-Reifen für Mountainbikes und Rennräder. Sie benötigen passende Felgen und eine Kompressor-Luftpumpe und kommen ohne Schläuche aus. Platten sind daher seltener: „Das enthaltene Dichtmittel verschließt kleinste Löcher während der Fahrt“, sagt Geisler. Das Dichtmittel muss aber zweimal jährlich gewechselt werden.
Der luftlose Fahrradreifen:
Die vielleicht bessere Lösung sind luftlose Reifen, wie sie Bridgestone angekündigt und Schwalbe bereits auf den Markt gebracht hat. Der Hersteller verspricht mit seinem AirlessSystem komplett wartungsfreies Radfahren. Bei üblicher Nutzung könne der Reifen bis zu 10 000 Kilometer weit fahren. Gefüllt ist der Pneu mit elastischem Polyurethan, einem Material, das auch in Laufschuhen zum Einsatz kommt. Der Druck entspricht 3,5 bar, variieren lässt er sich nicht. Die Nachteile: Rollwiderstand und Gewicht sind leicht höher als bei Luftschläuchen, sagt Schwalbe-Produktmanager Rene Marks. Das Airless-System muss von Fachhändlern mit speziellen Maschinen montiert werden.
Spezialreifen für Pedelecs:
Für Elektroräder wächst das Angebot an Spezialreifen. Gesetzliche Vorgaben müssen dabei beachtet werden. Manche Hersteller werben laut ADFC mit einer weicheren Gummimischung. Sie sorge bei höherem Tempo für besseren Kurvenhalt. „Für E-Mountainbikes gibt es Reifen mit speziellem Pannenschutz, die allerdings schwerer sind“, sagt pd-fExperte Geisler.
Der Preis:
Auf Billigware sollte man nach Ansicht der Experten verzichten. Für einen hochwertigen Trekkingreifen fallen mindestens 25 Euro an, für einen Rennradpneu 40 bis 50 Euro, beim Mountainbikereifen geht es ab rund 50 Euro los. Die teuersten Luftreifen sind die breiten Gummis für Fatbikes ab rund 70 Euro. Schwalbes Airless-System steht mit 84,90 Euro pro Rad in der Preisliste – hinzu kommt die Montage.