Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Metzgerei Joos in Wangen besteht seit 111 Jahren
Otto und Andreas Joos sprechen bei der Kreissparkasse-Unternehmenspräsentation
WANGEN - Alte Bilder, Stellwände, in denen Informationen „aufgeklappt“werden können, Meisterbriefe, Erzeugnisse in Glasvitrinen – bei der 33. Unternehmenspräsentation der Kreissparkasse gibt es viel zu entdecken. Mit rund 200 Leuten bei der Ausstellungseröffnung am Mittwochabend interessierten sich viele für die Wangener Traditionsmetzgerei, die in diesem Jahr ihr 111-jähriges Bestehen feiert.
1908 In Baienfurt gegründet, 1929 den Betrieb nach Wangen verlegt – so sahen sie aus, die Anfänge der Metzgerei Joos. „Mein Großvater Alois sagte, wo es keine Leute hat, kann man kein Geschäft machen“, erzählte Otto Joos bei der Eröffnungsveranstaltung.
In Wangen gab es nicht nur mehr Menschen, sondern auch andere Möglichkeiten. In den Jahren 1930 bis 1950 wurden zum Beispiel rund 100 Kälber geschlachtet und mit dem Zug nach Berlin verfrachtet. 1953 übernahm Otto Joos Senior die Geschäfte, der 29 Jahre später an Sohn Otto übergab. 2011 stieg dessen Sohn Andreas in die Geschäftsleitung mit ein und führt seither das Geschäft gemeinsam mit seinem Vater. Zur Betriebshistorie gehört auch die 1986 eröffnete Filiale im Waltersbühl, die 2008 in den Rewe-Markt umzog und in der heute laut Joos „unser Hauptumsatz“erzielt wird.
„Unsere Philosophie gründet auf Bodenständigkeit und kundenorientiertem Service. Die sorgfältige, handwerkliche Fertigung ist uns ein besonderes Anliegen“, erklärte Otto Joos bei der Ausstellungseröffnung die Grundsätze seines Handelns und Wirkens.
Er blickte aber auch auf die seit mindestens 1974 bestehende Zusammenarbeit der Wangener Metzger zurück, die schon damals gemeinsame Wochenangebote machten und sich absprachen, wer wann Betriebsurlaub haben kann. Heute ist der Kreis der Zusammenarbeit bei Joos auch auf umliegende Gemeinden ausgedehnt: „Schweine schlachten wir bei der Metzgerei Sontag in Kißlegg, Großvieh und Rinder bei der Metzgerei Heim in Ratzenried.“Aktuell beschäftigt die Metzgerei Joos 47 Angestellte. „Über 90 Prozent der Fleisch- und Wurstprodukte in unseren Verkaufsstellen werden von uns in eigener Produktion handwerklich hergestellt“, erläuterte Andreas Joos. Fleisch von durchschnittlich 27 Schweinen und zwei bis drei Rindern werden wöchentlich verarbeitet und veredelt.
Die Geschichte des FidelisbäckJoos-Leberkäses wurde von Andreas Joos ebenso erzählt wie die Lieferanten, die allesamt aus der Region stammen, vorgestellt. „Für uns ist es wichtig, nachhaltig und umweltfreundlich zu produzieren“, sagte Andreas Joos: „Kurze Transportwege sind für uns selbstverständlich. Und aktuell sind wir auch dabei, unsere Verpackung auf nachhaltige Rohstoffe umzustellen.“Dass letzteres gar nicht zu einfach ist, antwortete er in der Fragerunde: „Maisstärke ist vorstellbar, benötigt beim Kompostieren aber mindestens neun Monate. Der Gesetzgeber erlaubt allerdings nur sechs.“
Sowohl Otto als auch Andreas Joos erläuterten auch die Diskrepanz zwischen Mehrweg-Dosen und Hygiene und der damit verbundenen Haftung: „Wir brauchen und haben bald Tabletts, auf die die mitgebrachten Behältnisse gestellt werden.“
Andreas Middelberg, stellvertretendes Vorstandmitglied der Kreissparkasse, ging in seiner Ansprache auf das „Phänomen Leberkäse“und dessen Geschichte ein: „Ursprünglich wurde dem Leberkäse Leber beigemengt, heute ist die Bezeichnung Fleischkäse, ursprünglich ein Schweizer Wort, treffender. Die Bezeichnung als Käse leitet sich lediglich von der Form der Laibe ab.“„Erfunden“ wurde der Leberkäse, so Middelberg, übrigens, als 1776 der Wittelsbacher Kurfürst Karl Theodor aus der Pfalz nach Bayern übersiedelte und dessen Haus- und HofMetzger auf die Idee kam, fein gehacktes Schweine- und Rindfleisch in Brotformen zu backen. Middelbergs Bekenntnis, Leberwürste einst zu heiß gekocht und zum Platzen gebracht zu haben, folgte der praktische Rat von Otto Joos: „Wasser kochen lassen, ausschalten, Würste rein. Dann platzt nichts.“
Die Ausstellungs-Eröffnungsbesucher interessierten sich daneben für Ausbildungszeiten, Zertifizierungen und „vegane Wurst“(Andreas Joos: „Da kommt alles rein, was wir nicht drin haben wollen, einschließlich E-Stoffen“). Beruhigen konnte Joos die Fragenden bezüglich Wurstwaren, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum sind und aussortiert werden: „Wir geben sie an die Wangener Tafel.“
Bis zum 16. April besteht in den Räumen der Kreissparkasse an der Wangener Gegenbaurstraße Gelegenheit, die Unternehmenspräsentation mit umfangreichen Informationen der Metzgerei Joos zu den Öffnungszeiten der Bank (montags bis freitags 9 bis 12.15 Uhr, Montag, Dienstag, Freitag zusätzlich von 14 bis 16 Uhr, donnerstags 14 bis 18 Uhr) zu besuchen. Weitere Informationen zum Unternehmen gibt es unter: