Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Allein der feine Ferrari-Zwirn bremst
Bei der Präsentation des SF90 gibt sich der Formel-1-Herausforderer kämpferisch – Ziel ist „das nächste Level“
MARANELLO (SID/dpa) - Beim Anblick seiner neuen Liebe hätte sich Sebastian Vettel am liebsten den schwarzen Anzug mit dem Ferrari-Wappen auf der Brust vom Leib gerissen. „Ich sehe das Auto zum ersten Mal komplett zusammengebaut“, sagte der 31-Jährige bei der Präsentation des neuen Formel-1-Boliden der Scuderia Ferrari mit einem Lächeln im Gesicht und fügte an: „Leider bin ich nicht richtig angezogen und kann nicht einfach reinspringen und losfahren. Denn ich kann es kaum erwarten.“
Der in mattem Rot gehaltene Wagen trägt den Namen SF90 als Hommage an den 90. Geburtstag der Scuderia in diesem Jahr. Vorgestellt wurde der Bolide mit einer pompösen Präsentation in Maranello. Anders als die Konkurrenten Mercedes oder Red Bull, die ihre Wagen unter der Woche recht schlicht in Silverstone präsentiert hatten, inszenierten sich die Italiener selbst. 37 Minuten lang führte die Scuderia ihre (Erfolgs)-Geschichte im Motorsport vor und sprach vom Mythos Ferrari: Als am Ende der SF90 – bei dramatischer Musik, Nebelschwaden und einer Lasershow – aus dem Boden auftauchte, klatschten Vettel und Co. begeistert. Das alles zeigt, wie groß die Sehnsucht nach Erfolgen ist. Vettel bekannte, „extrem aufgeregt“zu sein – doch auch die Erwartungen sind extrem. Schließlich geht der Heppenheimer in sein fünftes Jahr bei Ferrari, und noch hat er den erhofften Titel nicht geholt. Also: „Ich will die WM gewinnen. Das ist meine Mission, dafür bin ich hier.“
Zwölf quälende Jahre ist es her, dass Kimi Räikkönen 2007 für Ferrari triumphiert hat. Vettels großes Vorbild, der siebenmalige Weltmeister Michael Schumacher, holte gar fünf WM-Titel mit den Italienern und genießt Legendenstatus. Allerdings fuhr selbst Schumacher nach seinem Wechsel von Benetton bereits in seinem fünften Jahr für die Scuderia, als er erstmals Weltmeister wurde.
Das macht Hoffnung, doch Vettel weiß, dass in der Saison 2019 nichts anderes als der Weltmeistertitel zählt. Am 17. März steigt der WM-Auftakt in Melbourne. „Sebastian ist hungrig wie eh und je. Er weiß, dass das gesamte Team hinter ihm steht“, sagte FerrariVorstand Louis Camilleri. „Wir beginnen jetzt ein neues Kapitel.“Und zwar eines mit Charles Leclerc (Monaco) als neuem Vettel-Teamkollegen und Mattia Binotto als Chef an der Spitze der Scuderia. „Ferrari heißt Leidenschaft, Exzellenz, Tradition“, sagte Binotto, der 49-jährige beförderte Schweizer, zuletzt Ferraris Technikdirektor. „Wir wollen gemeinsam das nächste Level erreichen.“
Vettel fährt die ersten Runden
Leclerc, 21 Jahre alt und eines der hoffnungsvollsten Talente der Königsklasse, führte sich mit einem freundlichen „Ciao a tutti!“ein und sprach von einem „Traum, der wahr geworden ist“. Auf Kampfansagen in Richtung Vettel verzichtete Leclerc. Er könne „viel von Sebastian lernen“, sagte er. „Ich bin mir sicher, dass es eine tolle Saison wird.“
Am Montag zum Testauftakt in Barcelona wird der Heppenheimer die ersten Runden drehen. Im passenden Outfit dann.