Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mannschaft ohne Nachhauseschaukler
Den Ulmer Bundesliga-Basketballern geht ein herausragender Spieler ab – das hat nicht nur Nachteile
ULM - Natürlich kam in der Pressekonferenz vor der Hausaufgabe von Ratiopharm Ulm in der BasketballBundesliga gegen die Frankfurter Skyliners am Samstag (18 Uhr/telekomsport) diese Frage an Thorsten Leibenath: Wer sind denn nach Einschätzung des Ulmer Trainers die Schlüsselspieler des Gegners? Leibenath nannte Quantez Robertson, das spielende Denkmal der Skyliners. Was wohl der Frankfurter Kollege Gordon Herbert auf so eine Frage antworten würde? Es drängt sich der Eindruck auf, und der hat sich bei der Niederlage am zweiten Weihnachtsfeiertag in Braunschweig noch verstärkt, dass die Ulmer zwar einen mit zwölf Mann sehr großen Kader haben und dass die Jungs schon alle irgendwie was können. Aber keiner von denen ragt wirklich aus der Masse heraus. Auch nicht Per Günther, der zwar oft eine Menge aus seiner reduzierten Rolle macht, der aber dann wieder gar kein Faktor ist, wie zuletzt bei der 77:82-Niederlage in Braunschweig. Und auch nicht Javonte Green, der in erster Linie von seiner Athletik lebt und sich am Mittwoch in Niedersachsen elf Rebounds schnappte. Aber für einen Leithammel ist dieser Green halt noch zu grün und zu unfertig.
Leibenath sagt: „Wenn es diesen einen Spieler gäbe, von dem ich wüsste, dass er das Ding schaukelt, dann hätte ich nichts dagegen.“Ein Mann wie Raymar Morgan in der Saison 2016/17. Aber der Ulmer Trainer sieht aktuell gar nicht so viele Spieler dieses Kalibers in der Bundesliga. Leibenath nennt den Bamberger Tyrese Rice, die Berliner Peyton Siva und Luke Sikma oder Derrick Williams von Bayern München. Scott Eatherton gehört eigentlich auch in diese Kategorie. Der Braunschweiger Center schrammte trotz anfänglicher Zurückhaltung am Mittwoch mit 18 Punkten und acht Rebounds nur knapp an seinem gewohnten Double-Double vorbei. Ebenso wie der Teamkollege DeAndre Lansdowne mit 15 Zählern und neun Rebounds. Das sind Spieler, die anders als alle Ulmer diese Zahlen und Leistungen sehr zuverlässig und regelmäßig abliefern.
Das Kollektiv ist unberechenbar
Der Vorteil an der Sache: Es ist für keinen Gegner absehbar, wer bei Ulm, aktuell auf Platz zehn der Tabelle, einen guten Tag hat und wer einen schlechten und wer am Ende mit welchem Ergebnis die Verantwortung übernimmt, wenn es denn einer tut. Der Braunschweiger Trainer Frank Menz hatte am Mittwoch beispielsweise mit Sicherheit nicht damit gerechnet, dass ein Katin Reinhardt nach Wochen in einem tiefen Loch plötzlich fünf Dreier bei sieben Versuchen trifft und damit bester Werfer seiner Mannschaft überhaupt ist. Leibenath hat sich natürlich über das Ergebnis von Braunschweig und teilweise über die Vorstellung seiner Mannschaft geärgert, aber über Reinhardt hat er sich gefreut: „Katin hat an beiden Enden des Feldes eine starke Leistung gezeigt. Er hat auch gut verteidigt.“
Das tun auch die Frankfurter Skyliners, die Defensive ist sogar deren Kernkompetenz schlechthin und damit haben sie bei ihrem 78:74-Sieg im Pokal Anfang Oktober den Ulmern den Zahn gezogen. Die haben nun gleich zweimal innerhalb von wenigen Tagen die Gelegenheit, sich dafür zu revanchieren. Zunächst am Samstag in der Bundesliga und dann am Donnerstag (18 Uhr) im Eurocup. Abzuwarten bleibt, ob Bogdan Radosavljevic dann noch dabei ist. Der Dreimonats-Vertrag des 2,13-MeterManns läuft Ende Dezember ab, über eine Verlängerung werden die Ulmer erst nach dem Spiel am Samstag entscheiden. Leibenath hat mehrfach gesagt, dass er mit Radosavljevic zufrieden ist und gerne mit ihm arbeitet. Der Mann kann als Center etwas. Besser als die anderen elf Spieler im Kader der Ulmer Basketballer ist er aber auch nicht.