Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schwarze Woche für den innerstädtischen Einzelhandel
Druck durch zusätzliche Rabatte vor der Adventszeit – Weihnachtsgeschäft verlagert sich ins Internet
BERLIN - Das in Deutschland noch vergleichsweise junge Einkaufsfest um den „Cyber Monday“hat in diesem Jahr seinen Durchbruch geschafft. In den Innenstädten der großen und kleinen Städte machen in diesen Tagen auch kleine Einzelhändler erstmals mit eigenen Aktionen mit. Zugleich mehren sich jedoch im Handel die Zweifel, ob hohe Rabatte noch vor dem Weihnachtsgeschäft eine gute Idee sind. „Letztlich handelt es sich um einen Trick von Amazon, um den Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen, noch bevor in den Innenstädten die Weihnachtsstimmung mit den Lichtern und Tannenbäumen um sich greift“, sagt Volker Bosse, Analyst bei der Baader Bank in München.
Während Amazon sich also über hohe Besucherzahlen in seinen Online-Shops freut, sehen die OfflineHändler bestenfalls ein gemischtes Bild: Sie fühlen sich getrieben. Die Media-Saturn-Holding, die Betreiberin der gleichnamigen Elektromärkte, verweist zwar auf hohe Umsätze und hohe Besucherzahlen in den Städten. „Das Phänomen hat für uns eine zunehmende Bedeutung“, sagt eine Sprecherin. Doch hinter den Kulissen ringt die große Kette mit der Frage, wie mit dem Bedürfnis nach Rabatten noch vor dem gewinnträchtigen Weihnachtsgeschäft umzugehen sei.
Im vergangenen Jahr endete der Black Friday für die Ketten mit einem finanziellen Debakel. Im Weihnachtsquartal sank bei Media-Markt und Saturn der Gewinn, statt wie sonst zu steigen. „Dieser Rückgang ist nach derzeitigem Kenntnisstand insbesondere auf Preisreduzierungen rund um den Black Friday zurückzuführen, insbesondere in Deutschland“, teilte das Unternehmen seinerzeit mit.
Die Rabatte seien jedoch wichtig gewesen zur Festigung der führenden Marktposition. Sprich: Der Einzelhändler wollte sich von Amazon nicht das Geschäft abjagen lassen und musste dafür zahlen. In der Adventszeit war die Kaufbereitschaft dann deutlich geringer als sonst, so Analyst Bosse.
„Das Weihnachtsgeschäft ist die umsatzstärkste Zeit im Einzelhandel. Der stationäre Handel erzielt knapp 19 Prozent, der Online-Handel gut ein Viertel seines Jahresumsatzes im November und Dezember“, sagt Hilmar Pfister, Sprecher des Handelsverbandes Baden-Württemberg (HBW). Der zusätzliche Rabatt-Termin stelle den Handel vor eine „herausfordernde Situation“. Besonders kleine Unternehmen könnten sich weitere Preiskämpfe kaum leisten. Zu spüren sei aber auch eine „Ernüchterung“, nachdem sich Erwartungen von Händlern nicht erfüllt haben.
Damit es in diesem Jahr anders läuft, hat Media-Saturn eigens den Chef gewechselt. Der neue Geschäftsführer heißt Ferran Reverter. Der 45-Jährige hat vorher das Geschäft in Spanien geleitet. Dort war das Weihnachtsgeschäft im vergangenen Jahr erstaunlich gut gelaufen. „Reverter hat bewiesen, dass es möglich ist, solche Aktionen zu machen, ohne sich die Margen zu zerschießen“, so Bosse. Er hatte den Kunden statt platter Nachlässe beispielsweise eine Kombination mit Versicherungen und anderen Diensten angeboten, die das Geld im Unternehmen halten.
In Deutschland versuchen die Elektro-Ketten nun einen ähnlich intelligenten Umgang mit den aus Amerika neu eingeführten Tagen. „Rabatte ohne Gewinneinbußen – das ist die Quadratur des Kreises“, sagt Bosse.
In den Filialen der Ketten herrschte ab vergangenen Freitagmittag jedenfalls bereits volles Haus wie sonst an Adventswochenenden. Die Rabattversprechen zum „Red Sale“(Media Markt) und „Black Weekend“(Saturn) lockten sichtbar mehr Kunden als sonst. Ob sie auch entsprechende Gewinne in den Kassen ließen – und ob diese nicht wiederum das Weihnachtsgeschäft belasten – wird sich erst an den Geschäftszahlen der Muttergesellschaft Ceconomy Quartal zeigen. Klar ist nur: Der Handel überlässt das Feld nicht kampflos den Neuankömmlingen aus Übersee.
Der stationäre Einzelhandel habe Stärken, so Pfister, auf die er sich konzentrieren kann – allen voran die persönliche Beratung. Einkaufen als Erlebnis sei ein weiterer Vorzug, um Kunden in die Läden zu locken. Dazu müsse eine „intelligente Verknüpfung von offline und online“angeboten werden. Ein Beispiel dafür sei das click&collect-Konzept, bei dem im Internet ausgewählt und im Laden abgeholt wird. Denn die nächste Rabattschlacht kommt bestimmt.