Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Trumps Mitschuld
US-Autobauer GM streicht Zigtausende Stellen – Ein Grund dafür sind Strafzölle auf Stahl
FRANKFURT - Ungünstiger hätte der Zeitpunkt für den Mann im Weißen Haus nicht sein können. Denn Donald Trump hatte ein Interview gegeben, in dem er China mit neuen Strafzöllen drohte. Dem Wall-Street-Journal hatte er gesagt, dass es mit Blick auf das anstehende G20-Treffen „höchst unwahrscheinlich“sei, dass er von seinen Plänen abrücke, neue und höhere Strafzölle gegen die Volksrepublik einzuführen. Er gehe davon aus, dass die bisher geltenden Strafzölle von zehn Prozent zu Beginn kommenden Jahres auf 25 Prozent steigen dürften. Zudem drohte er damit, auch den Rest der chinesischen Einfuhren im Wert von 267 Milliarden Dollar mit hohen Abgaben zu belegen.
Etwa zur gleichen Zeit aber hatte der amerikanische Autobauer General Motors (GM) bekannt gegeben, sich einer ziemlich radikalen Schocktherapie zu unterziehen: Im kommenden Jahr will das Unternehmen mehr als jede sechste Stelle streichen, weltweit sollen insgesamt 15 Prozent der 180 000 Arbeitsplätze im Konzern wegfallen. Sieben Fabriken sollen im Zuge dieser Maßnahmen schließen, vier davon in den USA. Dort stehen nun rund 14 000 Jobs auf dem Spiel. Damit steht der Autobauer vor dem größten Umbau seit der Pleite in der Finanzkrise vor zehn Jahren. Und Donald Trump vor einem großen Problem.
Gegenwind durch Handelskrieg
Denn GM-Chefin Mary Barra will mit dem Konzernumbau und den Sparmaßnahmen zwar auf den Zug in Richtung elektrifizierter und selbst fahrender Autos aufspringen. Zugleich sorgt aber der von Donald Trump angezettelte Handelskonflikt für Kostendruck: Höhere US-Zölle auf Stahlimporte haben bereits zu einer Milliarde Zusatzkosten für GM geführt. Barra sprach in diesem Zusammenhang von „Gegenwind“.
„Wie erwartet sind Trumps Strafzölle für alle Seiten schädlich. Die Amerikaner schneiden sich damit auch in das eigene Fleisch“, meint FDP-Fraktionsvize Michael Theurer. Insbesondere die erhöhten Einfuhrschranken für Stahl und Aluminium sind eine erhebliche Belastung. „Die Zölle auf die Metalle haben uns etwa eine Milliarde Dollar Gewinn genommen“, sagte Ford-Chef Jim Hackett Ende September.
GM ist zwar der letzte, aber nicht der einzige Autobauer, der den Handelskonflikt zwischen den USA und China zum Anlass nimmt, Geschäfte und Produktionsprozesse umzugestalten. „Es gibt im freien Welthandel die Freiheit der Unternehmen, in verschiedenen Ländern zu agieren“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. „Und solange das möglich ist, können Produktionsketten neu gelegt werden. Genau das ist es, was zur Zeit geschieht“.
Mit anderen Worten: International produzierende Konzerne können in einem Land ihre Produktion herunterfahren und sie in anderen Ländern erhöhen. Das bietet sich an, wenn der Stahl aufgrund von Strafzöllen plötzlich teurer wird; oder, wenn Importzölle die Waren verteuern. So sind etwa Daimler und BMW von dem chinesisch-amerikanischen Handelskonflikt besonders betroffen. Denn beide deutschen Autobauer produzieren im Süden der USA massenweise Autos, die zum Teil auch in Länder wie China verschifft werden. Längst denken die Konzernmanager der Autobauer deswegen darüber nach, welche Möglichkeiten es gibt, die Zölle zu umgehen. Nicht zufällig hat BMW beschlossen, Werke in China auf- oder auszubauen. Die Version beispielsweise des für 2020 geplanten Elektro-BMW iX3 soll in China produziert und dann in aller Herren Länder exportiert werden. Zudem prüfen die Bayern, Autos, die der Konzern noch in den USA baut, künftig ebenfalls in China montieren zu lassen.
Bei GM ist das nur bedingt der Fall. Der Umbau soll das Unternehmen in erster Linie für künftige Herausforderungen fit machen. So braucht man für die Herstellung von Elektromotoren weniger Personal als für das Zusammenschrauben von Verbrennern. Allerdings lässt sich ein Kahlschlag besser rechtfertigen, wenn man zumindest beiläufig auf den Gegenwind durch Stahlzölle verweisen kann. Das schließlich hat sich der amerikanische Präsident im Weißen Haus selbst zuzuschreiben.