Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Wir hatten nie mehr Spaß“
Kiss wollen 2019 Abschied von der Bühne nehmen
Kiss zählen mit über 100 Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten Bands überhaupt. Das Quartett aus New York heimste nach den Rolling Stones und Beatles weltweit die meisten goldenen Schallplatten ein und hat das Merchandising im großen Stil erfunden. Von den maskierten Rockern gibt es Halloween-Kostüme, eine eigene Kaffeehauskette und sogar Särge. 2019 geht Kiss zum letzten Mal auf Tour. Der deutschstämmige Frontmann Paul Stanley, 66, erzählte Olaf Neumann, warum er nach 45 Jahren keine Lust mehr auf Schminke und Plateausohlen hat.
Die Abschiedstournee von Kiss steht unter dem Motto: „The One Last Kiss: End of the Road World Tour“. Fällt es Ihnen leicht, Goodbye zu sagen?
Ich denke, ja. Ich möchte aber nicht so weit gehen und es als Befreiungsschlag bezeichnen. Es war natürlich eine große Entscheidung, zu sagen, dass wir ein letztes Mal auf Welttour gehen wollen mit allen Hits und weiteren Songs, die wir in unserer Karriere gemacht haben. Wir möchten uns bei unseren Fans bedanken mit der fettesten Show überhaupt. Die Alternative wäre gewesen, ganz normal weiterzumachen und langsam dahinzuschwinden. Kiss ist aber keine Band, die einfach verrauscht, sondern wir wollen uns mit der explosivsten Show aller Zeiten verabschieden, damit wir so in Erinnerung bleiben, wie wir immer waren.
Haben Sie vor, sich ganz von der Musik zurückzuziehen und nur noch zu malen oder designen?
Ich will alles machen! Für mich gibt es viele Möglichkeiten, kreativ zu sein. Ich will auf jeden Fall weitermachen. Musik ist mir natürlich sehr wichtig, aber die Kunst nimmt auch einen großen Teil meines Lebens ein. Ich designe gerne Kleidung, meine beiden Schuhmodelle für Puma haben sich weltweit sehr gut verkauft. Davon wird es auf jeden Fall mehr geben. Ich habe nicht vor, von der Bildfläche zu verschwinden. Aber nach dieser Tour werden Kiss nie wieder in Ihrer Stadt spielen.
Wann ist man womöglich zu alt für Rock’n’Roll?
Jeder Mensch hat das Recht, das weiterzuverfolgen, was ihm Freude bereitet. Das kann einem niemand verbieten. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie lange er etwas macht. Manchmal sagen Leute über Künstler oder Sportler: „Ich habe ihn noch erlebt, als er wirklich groß war. Ich wünschte, er würde aufhören, weil ich ihn so nicht in Erinnerung behalten möchte“. Aber man muss da ja nicht hingehen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Kiss sich verabschieden. Meinen Sie es diesmal wirklich ernst?
Die Umstände sind diesmal ganz anders. Dass wir vor 19 Jahren beschlossen, auf Abschiedstournee zu gehen, hatte etwas mit der damaligen Bandbesetzung zu tun. Es war kein Abschied von der gesamten Band, sondern nur von ein paar Mitgliedern. 19 Jahre später können wir mit Fug und Recht behaupten, nie mehr Spaß gehabt zu haben als heute. Aber man soll ja immer dann aufhören, wenn es einem am meisten Spaß macht.
Live: 31.5. München, Königsplatz; 4.7. CH-Zürich, Hallenstadion.