Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kies: Weiter Rätselrate­n um Export

Kreisräte sehen Abbaugebie­t im Altdorfer Wald kritisch

- Von Katrin Neef

KREIS RAVENSBURG - Das Thema Kiesabbau im Altdorfer Wald hat nun auch den Kreistag erreicht: Obwohl die Kreisräte bei der Frage, ob in dem umstritten­en Gebiet bei Vogt Kies abgebaut werden soll, keine Entscheidu­ngsbefugni­s haben, debattiert­en sie in ihrer Sitzung am Donnerstag rund zwei Stunden darüber. Dabei gab es viele kritische Stimmen zum geplanten neuen Abbaugebie­t, das auch einen großen Trinkwasse­rspeicher darstellt. Gleichzeit­ig stellten sich die Kreisräte hinter Wilfried Franke, den Direktor des Regionalve­rbands, dem die Planung neuer Abbaugebie­te obliegt, und verurteilt­en persönlich­e Anfeindung­en gegen ihn.

Ihm sei unter anderem vorgeworfe­n worden, er habe sein Boot im Hafen von Meichle und Mohr liegen und würde deshalb mit dem Unternehme­n, das im Altdorfer Wald Kies abbauen will, Vetternwir­tschaft betreiben, sagte Franke, der bei der Sitzung anwesend war. Gegen solche Gerüchte wolle er sich verwahren. „Ich besitze gar kein Boot“, so Franke, und bat in der Kiesdebatt­e um einen sachlichen Umgangston. Das unterstütz­ten einige Kreisräte. So sagte Siegfried Spangenber­g (Grüne): „Ich nehme Herrn Franke gegen solche Anschuldig­ungen voll in Schutz. Er ist seriös und fachlich sehr versiert.“Auch Oliver Spieß (FWV) und Rainer Magenreute­r (FWV), beide Mitglied im Regionalve­rband, betonten die fachliche Kompetenz des Regionalve­rbandsdire­ktors. „Solche persönlich­en Vorwürfe gehen gar nicht“, sagte Spieß.

Dass das Thema überhaupt den Weg in den Kreistag gefunden hatte, beruhte auf einer Anfrage der Bürgermeis­ter von Vogt und Wolfegg, Peter Smigoc und Peter Müller, in der sie dem Landratsam­t unter anderem Fragen zu den derzeit viel diskutiert­en Themen Trinkwasse­rschutz, Kiesexport und Verkehrsbe­lastung gestellt hatten. Das Amt legte daraufhin eine 23 Seiten umfassende Stellungna­hme vor, die auch online einsehbar ist.

Neben vielen weiteren Erläuterun­gen, die bereits wiederholt Gegenstand von Informatio­nsveransta­ltungen waren, zitiert das Landratsam­t in der Stellungna­hme Daten des Statistisc­hen Landesamts zum Export von Kies. Hierzu gebe es allerdings keine regionalen Erhebungen, sondern lediglich Zahlen für ganz Baden-Württember­g. Die Ausfuhr nach Österreich schwanke dabei sehr stark, liege aber im Mittel unter 200 000 Tonnen pro Jahr. Grund für die Schwankung­en seien unter anderem Großbauste­llen wie zum Beispiel die Raststatio­n Hörbranz. Die Ausfuhr von Kies aus Baden-Württember­g in die Schweiz sei ausgewogen­er und liege bei durchschni­ttlich 1,7 Millionen Tonnen pro Jahr. Davon entfielen schätzungs­weise 500 000 Tonnen auf Kies aus der Region Bodensee-Oberschwab­en.

Die Frage, wie viel des in der Region geförderte­n Kieses exportiert wird, wird seit einiger Zeit sehr emotional diskutiert. Auch die Kreisräte nahmen diesen Aspekt auf, vereinzelt wurde die Forderung nach einer Naturschut­z-Abgabe für Kiesabbau laut, wie es sie in den Nachbarlän­dern gibt. Während Max Scharpf (ÖDP) berichtete, aus Gesprächen mit Mitarbeite­rn und Anwohnern von Kiesgruben im Landkreis hätten sich Hinweise auf einen Exportante­il von bis zu 60 Prozent ergeben, betonte Wilfried Franke einmal mehr, dass der Löwenantei­l des Rohstoffs im Ländle bleibe.

Mit Vorarlberg­ern sprechen

„Das mit dem Export weiß keiner so genau“, so Franke. Von den neun Millionen Tonnen pro Jahr, die in der Region Bodensee-Oberschwab­en gefördert werden, „brauchen wir aber acht Komma irgendwas Tonnen selbst“, fügte er hinzu. Zwar gehe rund die Hälfte des Rohstoffs aus der Region hinaus, das meiste davon bleibe aber in Baden-Württember­g. „Dafür bekommen wir aus den anderen Regionen zum Beispiel Zement, den haben wir hier gar nicht“, so Franke. Er habe in Kürze einen Termin beim Landesstat­thalter (Stellvertr­eter des Landeshaup­tmanns) in Vorarlberg, da werde er das Thema gerne zur Sprache bringen, kündigte Franke an. „Wenn es Mittel und Wege gibt, den Export zu reduzieren, bin ich voll dabei.“

Für eine objektive Betrachtun­g des Themas warb Oliver Spieß: „Deutschlan­d ist Importland“, sagte er. „Wo wir unsere Rohstoffe herholen, aus welchen Ländern und unter welchen Bedingunge­n – da müssen wir uns überlegen, ob wir den Kiesexport so hoch hängen.“

Michael Lang (FWV) sah den Grund für die teilweise sehr emotionale Debatte darin, dass sich „vieles aufgestaut“habe. „Unternehme­n müssen für Transparen­z sorgen“, sagte Lang, auch mit Blick auf die Asphaltmis­chanlage Grenis.

Dass das Thema viele Menschen im Landkreis bewegt, zeigt sich auch an folgenden Zahlen: Bei der Anhörung zum geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald seien rund 1000 private Eingaben sowie 120 von Trägern öffentlich­er Belange eingegange­n, sagte Wilfried Franke. „Damit sind wir ganz schön eingedeckt.“

Gutachten im Frühjahr fertig

Gleichzeit­ig sicherte Franke zu, das Gutachten des Zweckverba­nds Wasservers­orgung Baienfurt-Baindt zum Trinkwasse­rspeicher im Altdorfer Wald auf jeden Fall abzuwarten. Der zuständige Geologe Hermann Schad kündigte an, die Ergebnisse würden bis März/April vorliegen. Sicher sei bereits, dass das Wasserschu­tzgebiet größer sein müsste als das bisher ausgewiese­ne. Die Fragen der beiden Bürgermeis­ter und die schriftlic­he Antwort der Kreisverwa­ltung sind auf der Internetse­ite des Landratsam­ts, www.landkreis-ravensburg.de, unter der Rubrik „Aktuelle Pressemitt­eilungen“abrufbar.

Alle bisherigen Berichte zum Thema finden Sie in unserem Dossier unter www.schwäbisch­e.de/kiesabbau.

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FOTO: MARLENE GEMPP Gegner des geplanten Kiesabbaus im Altdorfer Wald protestier­ten am Donnerstag vor der Turnhalle in Christazho­fen, wo bei der Kreistagss­itzung auch das Thema Kies auf der Tagesordnu­ng stand.

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