Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gastronomie mit langer Tradition
Die Veitsburg ist die Keimzelle der Türmestadt
RAVENSBURG - Seit 267 Jahren gibt es ein gastronomisches Angebot auf der Ravensburger Veitsburg. Jetzt droht, nach der Kündigung des derzeitigen Wirts zum Jahresende, ein Leerstand. Viele Ravensburger bewegt das sehr, denn der 525 Meter hohe Hausberg ist ein ganz besonderer Platz für sie. Hier genießt man nicht nur eine schöne Aussicht. Hier befindet sich auch die Keimzelle der Stadt.
Seit der Jungsteinzeit besiedelt
Der Ravensburger Burgberg war bereits in der Jungsteinzeit, in der mittleren Bronzezeit und in der späteren Keltenzeit besiedelt. Früher hieß dieser Platz schlichtweg Ravensburg, erst im 18. Jahrhundert tauchte der Name Veitsburg, benannt nach der dem heiligen Veit geweihten dortigen Burgkapelle, als Begriff für diesen Ort auf.
Die Welfen errichteten hier im elften Jahrhundert zunächst eine Fluchtburg, später verlegten sie ihren Herrschaftssitz dorthin, der genaue Zeitpunkt ist nicht belegt. Allerdings nannten sich die Welfen aus Altdorf von 1122 an „Herzöge von Ravensburg“. Ende des zwölften Jahrhunderts ging die Burg an die Staufer über.
Archäologische Untersuchungen ergaben, dass die hochmittelalterliche Befestigung einstmals wohl das gesamte Hochplateau umfasste. Damit war die Burg eine der größten hochmittelalterlichen Anlagen Süddeutschlands mit Bergfried, Palas, Burgkapelle St. Veit, Umfassungsmauer und Wirtschaftsgebäuden. Sie war rund 220 Meter lang und 80 Meter breit.
Kleinere Anlage
Während Ravensburg 1278 freie Reichsstadt wurde, saß auf der Burg selbst der kaiserliche Landvogt des Herzogtums Schwaben. Es folgten weitere Herrschaftswechsel in den Jahrzehnten danach, verbunden mit baulichen Veränderungen. Darstellungen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges zeigen bereits eine deutlich verkleinerte Anlage, die nur noch die nördliche Hälfte des Plateaus umfasst.
1647 brannte das Hauptgebäude der Burg völlig ab. Erhalten blieben lediglich die Veitskapelle sowie Teile der Wirtschaftsgebäude, die später auch als Lokal dienten. Hier befindet sich heute die Jugendherberge.
1748 erwarb der katholische Rat der Stadt Ravensburg den Burgberg. Drei Jahre später entstand dort ein Schankbetrieb mit Kegelbahn. Das ist der Beginn der Gastronomie auf der Veitsburg. Und die schlug damals ein wie eine Bombe. Bereits im ersten Jahr verkaufte der Wirt knapp 2500 Liter Wein.
Mitte des 18. Jahrhunderts erhielt der Baumeister Johann Caspar Bagnato den Auftrag, auf den Ruinen der alten Burg ein Lustschlösschen zu errichten. 1884 bekam dieser Bagnato-Bau ein Türmchen aufgesetzt. Ein 1789 erbauter und 1902 durch einen Neubau (gesponsert von Julius Spohn) ersetzter Pavillon wurde 1968 wegen eines Brandschadens abgebrochen. Die Pavillons dienten ursprünglich als Ausschank und gesellschaftlicher Treffpunkt. Auch die Veitskapelle wurde 1833 abgerissen, 1875 folgte der Abbruch der letzten Burgruinen.
Die Stall- und Wirtschaftsgebäude der ehemaligen Burganlage wurden schließlich 1932 zu einer Jugendherberge ausgebaut. Das Bagnatoschlösschen, in den 50er-Jahren erweitert, wird seit dieser Zeit als Restaurant genutzt.
Dreistöckiger Neubau
2007/2008 führten die Umbaupläne der Jugendherberge zu großem Unmut in der Ravensburger Bevölkerung. Hauptgrund war der geplante Querriegel, ein neuer Flügel am Jugendherbergsgebäude, der den Burghof praktisch zugebaut hätte. Aufgrund der Proteste der Bevölkerung wurde die Jugendherberge 2011/2012 nur saniert und ihr 80erJahre-Anbau durch einen dreistöckigen Neubau ersetzt. Die Jugendherberge hat inzwischen 132 Betten.
Der neue Serpentinenweg schließt heute die Veitsburg an die Altstadt an; seit seinem Bau ist es auch möglich, nicht nur über Treppen vom Mehlsack aus auf den Ravensburger Hausberg zu gelangen.