Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Alle Jahre wieder: Streit um den Christkindlesmarkt
Verlängerung für 2018 ist beschlossen – Debatte um Kommerz spaltet die Ravensburger Kommunalpolitik
RAVENSBURG - Der Ravensburger Christkindlesmarkt im historischen Zentrum wird in diesem Jahr drei Tage länger dauern, als es die Marktordnung eigentlich erlaubt. Damit hat die Stadt ihren erst vor fünf Jahren nach einem Dauerstreit gefassten Beschluss gekippt. Im Verwaltungsausschuss führte das wieder zu einer heftigen Debatte über Kommerzialisierung, die Leiden der Anwohner, die Belastung der Vereine und auch über die Verlässlichkeit von Vereinbarungen.
Wie die „Schwäbische Zeitung“berichtete, würde der Christkindlesmarkt in diesem Jahr eigentlich von Freitag, 30. November, bis Mittwoch, 19. Dezember, seine Buden öffnen. Das wäre auch konform mit der gültigen Regelung, die seit 2013 und bis 2021 gilt und jegliche Diskussionen über die Dauer des Marktes beenden sollte. Denn diese hatte es mit schöner Regelmäßigkeit alle Jahre wieder mitten im Sommer gegeben.
Der Vorschlag, in diesem Jahr bis Samstag, 22. Dezember, in die Verlängerung zu gehen, kam von der Verwaltung. Die Begründung: Die Lücke bis Weihnachten wäre sonst zu groß, vor allem aber brauche der Handel den Christkindlesmarkt als Frequenzbringer. Gerade die Tage vor Weihnachten seien für den Geschäftserfolg überaus wichtig, durch das frühe Schließen des Weihnachtsmarktes würden bedeutende Umsätze wegbrechen, sage auch die Gewerbevereinigung Wifo.
„Alarmglocken läuten“
Vor allem dieser Passus aus der Sitzungsvorlage provozierte entschiedenen Widerstand aus mehreren Fraktionen. Ein klares „Nein“gab es von SPD-Fraktionschef Frank Walser: „Es ist eben nicht die vornehmste Aufgabe des Christkindlesmarktes, Frequenzbringer für den Handel zu sein.“Walser hält die Belästigung für die Anwohner in der Altstadt durch eine Verlängerung für „nicht zumutbar“. Außerdem hätten die Vereine, die ehrenamtlich Stände betreiben, jetzt schon Probleme, die Marktzeiten mit ihren Mitgliedern abzudecken. Und Walser warf auch die Frage auf, was eine Vereinbarung wert sei, die dem Gemeinderat jegliche Diskussionen ersparen sollte und bei der ersten Gelegenheit wieder gekippt werde.
Zustimmung bei Michael LopezDiaz von der Unabhängigen Liste: „Bei mir läuten alle Alarmglocken. Beim nächsten Mal geht der Markt bis Heiligabend.“Lopez-Diaz weiter: „Wer sagt denn, dass wir diesem ständigen Trend zur Kommerzialisierung blind folgen müssen? Qualität hat doch nichts mit Dauer zu tun.“Auch Oliver Schneider (FDP) stellte sich die Frage, ob Ravensburg den „Run auf die Kommerzialisierung mitmachen muss“. Schneider sieht ebenfalls große Probleme auf die Vereine zukommen und stellte die Grundsatzfrage: „Warum und mit welcher Begründung weichen wir von gefassten Beschlüssen ab?“
Ingrid Brobeil-Wolber geht das Thema „ziemlich auf die Nerven“: Ob denn vor fünf Jahren nicht absehbar gewesen sei, dass die beschlossene Marktordnung offenbar zu kurz gesprungen sei, wollte die GrünenStadträtin wissen. Dieses Manko sieht auch Joachim Arnegger von den Freien Wählern: „Die Marktordnung ist zu unflexibel. Es ist besser, man legt die Termine für den Christkindlesmarkt jedes Jahr neu fest.“Mit „Kommerz und Plastikverkleidungen“hat auch Arnegger so seine Probleme.
Absolutes Unverständnis bei der CDU: „Applaus für den Vorschlag der Verwaltung. Diese Zeit ist für den Handel enorm wichtig, manche Unternehmen machen 30 Prozent des Jahresumsatzes in den vier Wochen um Weihnachten. Der Christkindlesmarkt spielt dabei eine große Rolle, deshalb ist auch die geplante qualitiative Aufwertung wichtig“, sagte Gerhard Gieseke. Fraktionschef August Schuler findet, dass ohnehin in Ravensburg schon viel zu viel problematisiert werde: „Lassen Sie uns jetzt nicht auch noch den Christkindlesmarkt belasten.“Sein Fraktionskollege Rudolf Hämmerle bekommt zwar „von Glühwein grundsätzlich Sodbrennen“, hat aber viele Besucher gesprochen, die irritiert gewesen seien, dass in Ravensburg die Buden schon Tage vor Weihnachten schließen.
Buden bleiben stehen
Von Oberbürgermeister Daniel Rapp kam ein Kompromissvorschlag: Die Verwaltung legt dem Gemeinderat eine neue Idee vor, wie das Thema Christkindlesmarkt geregelt werden kann. Die maximale Dauer soll darin genauso festgeschrieben werden wie der Abstand, der zu Weihnachten einzuhalten ist. In diesem Jahr wird es die dreitägige Verlängerung als Ausnahme geben, damit liefe der kommunale Markt auch synchron mit dem privaten Weihnachtsmarkt von Reischmann in der Bachstraße. Dem konnte sich die Mehrheit des Ausschusses anschließen. Gegenstimmen gab es von Walser, Lopez-Diaz und Schneider.
Eine Kröte, die es laut Verwaltung zu schlucken gilt: Die Buden können vor Weihnachten nicht mehr abgebaut werden und bleiben in diesem Jahr bis 28. Dezember stehen.