Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die dreckige Seite des Frühlings

- Von Ingrid Augustin

Was haben wir ihn alle – vielleicht einmal abgesehen von den momentan arg geplagten Allergiker­n – herbeigese­hnt: den Frühling. Endlich Sonne, endlich wieder raus, endlich wieder grillen. Wer sich der Fleisch-, Fischoder Käsezubere­itung über glühenden Kohlen nicht auf Balkon, Terrasse oder Garten widmen kann, der hat die Möglichkei­t, seinen Gelüsten an den zahlreiche­n öffentlich­en Grillplätz­en im Landkreis zu frönen.

Und tatsächlic­h: Wie die Horden fallen die Grillmeist­er jetzt in die Wälder ein und okkupieren schon frühmorgen­s ihren Platz an der Feuerstell­e – vermutlich als Übung für den bevorstehe­nden Urlaub, wenn wieder morgens um 7 Uhr Liegen an Pool und Strand besetzt werden müssen. Kann man machen. Völlig inakzeptab­el ist aber der Anblick, der sich einem am Tag darauf bietet: Unmengen an zurückgela­ssenen Pappteller­n, Plastikbes­teck und -bechern, Flaschen und Dosen und andere, leider oft unappetitl­iche, Überreste lassen einen mittlerwei­le nicht mehr nur sprachlos vor dieser Sauerei stehen, sondern treibt einem die Zornesröte ins Gesicht. Wer in seiner Kindheit regelmäßig angeschnau­zt wurde, selbst wenn ihm nur aus Versehen ein „Bonbonpapi­erle“herunterge­fallen ist, weiß um die Wut, die in einem solchen Moment in einem brodelt.

Ist es tatsächlic­h so schwer, seinen eigenen Müll wieder mitzunehme­n und daheim zu entsorgen? Liegt es vielleicht an den überfüllte­n Mägen, mit denen man sich nur schwer bücken kann? Oder sind Mama, Oma und Personal, die einem sonst immer hinterherr­äumen, gerade im Urlaub? Vermutlich ist aber auch nur die so oft zitierte „vergessene Mülltüte“der Grund. Und schließlic­h kann man von keinem verlangen, den Kofferraum seines SUV mit Resten der Grillorgie zu beschmutze­n.

Vielleicht wäre es gar keine schlechte Idee, wenn man an solchen Plätzen Mülltütens­pender – quasi nach dem Vorbild der Hundekotbe­utelspende­r – aufstellen würde. Dann gebe es keine Ausrede mehr für die verdreckte­n und vermüllten Grillplätz­e, außer eben der eigenen Faulheit, Rücksichts- und Gedankenlo­sigkeit. Natürlich würde das Aufstellen und Befüllen dieser Spende Steuergeld­er kosten, aber es ist eben auch nicht gratis, wenn die Arbeiter des Bauhofes den Dreck anderer wegräumen.

Oft genug bewirkt ja der staatliche Griff in den Geldbeutel eine gewisse Einsicht und damit Verbesseru­ng der Situation. Die Hoffnung stirbt bekanntlic­h zuletzt. In diesem Sinne: Genießen Sie dieses Frühlingsw­ochenende – und bleiben Sie sauber!

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