Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Stelldichein der Blaublütigen in Wertheim
Trauung von Sophie zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg und Constantin Fugger von Babenhausen
WERTHEIM (dpa) - Hochzeitsgast statt Hollywood: Entspannt steht Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck (44) zwischen den Fachwerkhäusern von Wertheim und genießt die Abwechslung zur Arbeit in Los Angeles. Der Regisseur („Das Leben der Anderen“) ist mit Frau Christiane und drei Kindern zum „gesellschaftlichen Ereignis des Jahres“in der Main-Region gereist – zur Trauung von Sophie Prinzessin zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (28) und Constantin Graf Fugger von Babenhausen (30). Hunderte Schaulustige drängen sich vor der Stiftskirche, um einen Blick auf die Feiernden zu erhaschen.
„Alle sind so glücklich, und das Paar sieht so verliebt aus“, sagt die 68 Jahre alte Gerda Wagner aus Wertheim. Die nördlichste Stadt Baden-Württembergs wirkt seit Wochen wie im Hochzeitsfieber. Eigentlich seien die Adelsprivilegien in Deutschland ja schon seit fast 100 Jahren abgeschafft, sagt Karl Bauer. „Aber für ein paar Stunden – das geht, das ist doch was Gutes“, meint der Rentner und lächelt.
Es ist eine Hochzeit in zwei Bundesländern: Erst der Polterabend und die kirchliche Trauung in Wertheim, dann die Feier im Schlosspark von Kreuzwertheim – drüben, überm Main, im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart. Auch die Verpflegung für mehr als 300 Gäste kommt aus zwei Bundesländern, aus Wertheim und aus Würzburg. „Wir lassen alles von lokalen Firmen liefern, von Essen und Getränken über Blumen bis hin zur Technik“, erzählt Brautmutter und Chefplanerin Elisabeth Fürstin zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg.
Einerseits gelten die „Blaublüter“als fest in der Region verankert und fast bürgerlich, sagen Wertheimer. Andererseits ist es ein Blick in eine Parallelwelt – viele deutsche und europäische Adelshäuser haben Vertreter geschickt, von Wittelsbach über Sayn-Wittgenstein bis Hohenzollern und Lobkowicz. Florian Henckel von Donnersmarck ist Bekannter der Familie, sein Großvater war bei der Vertreibung nach dem Krieg in Kreuzwertheim gelandet.
„Ein gewisser Abstand zum Adel ist schon da“, sagt Zuschauerin Gerda Wagner. An diesem Tag wirkt die Kluft aber schmaler. Das Brautpaar ist für fast jeden ansprechbar und wirkt wie andere Verliebte. Sophie ist in Kreuzwertheim aufgewachsen und zur Grundschule gegangen. Später hat sie ein privates Internatsgymnasium bei Kassel besucht und Business Management in Österreich und England studiert. Ihr Mann ist ebenfalls im Management tätig und bei einer Babynahrungsfirma für den Einkauf zuständig. Im vergangenen Jahr hat das in München lebende Paar standesamtlich geheiratet.
Für die Feier zur kirchlichen Trauung durfte das Paar etwa 100 Gäste einladen, die Schwiegerfamilie 100 und die Löwensteins ebenfalls 100. Den Wertheimern gefällt das Spektakel. Viele haben sich schon morgens einen Platz gesichert. Die Stühle auf der Terrasse des Eiscafés an der Kirche seien bereits früh vorbestellt gewesen, erzählen einige.
Etwas „Glanz“für die Region „So etwas bringt Glanz in die Region“, sagt Henriette Meyer aus Kreuzwertheim. Sie sei Fan von Königshäusern und Durchlauchten. „Leider haben wir in Bayern keine Monarchie mehr“, seufzt sie. Nach dem feierlichen Eheversprechen zieht die Hochzeitsgesellschaft von der Kirche durch die historische Altstadt zum Main. Schließlich warten drüben, in Bayern, im Schlosspark die Speisen von 20 Köchen.
Bei bestem Wetter spazieren Wittelsbacher, Hohenzoller, Fugger durch die Maingasse. Die Schwalbenschwänze edler Fracks wackeln im Takt des Gangs, die Frauen halten ihre eleganten Hüte gegen den Wind fest. Nichts soll den großen Tag stören – auch Wäsche nicht. In einem Brief baten die Organisatoren die „sehr geehrten Geschäftsinhaber“höflich, für die Zeit der Hochzeit keine Kleiderständer aufzustellen.