Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Heidelberger Maurer
Trumps Grenzbollwerk beflügelt den Kurs von Heidelberg Cement – Der Konzern will aber lieber Brücken bauen
RAVENSBURG - Es war ein beiläufig dahingeworfener Satz, der den baden-württembergischen Baustoffkonzern Heidelberg Cement im vergangenen November mit einem der umstrittensten Projekte von US-Präsident Donald Trump verbunden hat. Sollte „die Mauer“kommen, sei der Dax-Konzern „mit Zementwerken in Texas und Arizona“gut aufgestellt, hatte Vorstandschef Bernd Scheifele in einer Telefonkonferenz gesagt.
Gemeint ist die Grenzmauer zwischen Mexiko und den USA, die illegale Einwanderer von der Flucht in die Vereinigten Staaten abhalten soll und die Trump dem südlichen Nachbarn in Rechnung stellen will. Sie soll rund 1500 Kilometer lang sein und zwischen 15 und 20 Milliarden USDollar kosten, manche Experten gehen sogar von Kosten von bis zu 40 Milliarden US-Dollar aus.
Nun hat der neue US-Präsident den Bau der Mauer via Twitter nochmals bestätigt – und der Aktienkurs von Heidelberg Cement stieg daraufhin stark an. Seit der Veröffentlichung des Tweets legte das Papier in der Spitze um 6,8 Prozent zu. Investoren sehen in der Ankündigung Trumps also Wachstumschancen für den Heidelberger Traditionskonzern – Chancen, über die das Unternehmen aber nur sehr ungern spricht. „Kursänderungen kommentieren wir grundsätzlich nicht, außerdem ist die Mauer zwischen Mexiko und den USA in erster Linie etwas, was die USA und Mexiko angeht“, sagte Heidelberg-Cement-Sprecher Andreas Schaller der „Schwäbischen Zeitung“. Klar ist aber auch: „Sollte es Aufträge über die Lieferung von Baumaterialien geben, werden unsere nordamerikanischen Töchterunternehmen diese Anfragen prüfen und entscheiden.“
Heidelberg Cement ist nach Angaben Schallers dezentral aufgestellt. „Das heißt, das lokale Geschäft wird lokal vor Ort entschieden“, sagt der Sprecher. Vorgaben aus der Konzernzentrale gebe es in der Regel nicht. Heidelberg Cement produziert und vertreibt in den USA Zement, Kies, Sand und Fertigbeton. Der Konzern verfügt in den USA über 17 Werke – unter anderem auch in den Bundesstaaten Arizona und Texas, durch die sich die Mauer ziehen würde.
Die von Trump angekündigte Mauer, die seit Monaten für diplomatische Spannungen zwischen den USA und Mexiko sorgt, gehört zu einem gigantischen Investitionsprogramm, mit dem der Nachfolger Barack Obamas die Infrastruktur in den USA erneuern will. Rund eine Billion US-Dollar umgerechnet rund 934 Milliarden Euro plant Trump, in Straßen, Flughäfen, Tunnels und Brücken zu stecken – ein Sanierungsprojekt, von dem auch Heidelberg Cement profitieren möchte. „Sollte dieses Infrastrukturprogramm kommen, sehen wir uns mit unseren nordamerikanischen Töchtern gut vorbereitet“, erklärte Schaller.
Heidelberg Cement kam im Jahr 2015 auf einen Umsatz von 13,5 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Gewinn von 800 Millionen Euro. Vorläufige Zahlen für das Jahr 2016 will der Konzern mit weltweit mehr als 2000 Standorten Mitte Februar vorlegen. Wenn Donald Trump in den nächsten Tagen weitere Details zu seinen Investitionsplänen nennt, könnte der Aktienkurs von Heidelberg Cement bis dahin noch weiter steigen.