Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Enthüller von Kindesmissbrauch geehrt
Dokumentarfilmer Manfred Karremann erhält die Goldene Filmspule 2016
WEINGARTEN - Er schaut hin, wo andere es nicht so genau wissen wollen. Mit seinen aufrüttelnden Dokumentarfilmen deckt der international bekannte Fernsehjournalist Manfred Karremann mangelnden Tierschutz und Kindesmissbrauch auf. Für seine furchtlos aufklärerische Arbeit ist der in Baindt groß Gewordene am Freitag vom Kulturzentrum Linse mit der Goldenen Filmspule 2016 ausgezeichnet worden.
Und alle sind sie gekommen. Die Kumpels und Freundinnen aus Baindt, die einst Schmiere für ihn standen, wenn Manfred Karremann bereits im zarten Alter von zwölf in fremde Hühnerställe stieg, um vergeblich nach glücklichen Hennen Ausschau zu halten. Warnungen wie „Manne, schnell, der Bauer kommt“beendeten dann seine ersten nicht ungefährlichen Recherchen. Was mit Plakate kleben gegen Käfighaltung von Hühnern in Oberschwaben begann, hat sich zum investigativen Journalisten ausgewachsen, der seit fast 30 Jahren in aller Welt die Kamera draufhält, wo Rechte von Kindern und Tieren mit Füßen getreten werden. Ob Pelzindustrie oder Tiertransporte. Bekannt sind auch seine Reportagen für die 37 Grad Reihe im ZDF, die Kinderpornographie oder Kinderarbeit thematisieren.
Dabei ist dem zurückhaltend auftretenden Autor und Journalist ein missionarischer Eifer wallraffscher Prägung eigentlich fremd. Er will nur zeigen, was Sache ist. Dass unser Wohlstand auch auf Ausbeutung und Missachtung der Rechte anderer beruht. Linse-Mitarbeiterin, Hermine Städele, die den Dokumentarfilmer seit Kindertagen kennt, meint bei der Preisverleihung: „Manfred Karremann holt uns aus unserer Komfortzone heraus und lässt uns Dinge überdenken.“
Auch im Tierschutz aktiv Im anschließenden Gespräch erzählt der 56-jährige Gründer der Tierschutzorganisation Animal Network von seinen nicht ungefährlichen Recherchen, bei denen er teilweise undercover unterwegs ist. So wurde er schon mal mit Elektroschockern aus einem Schlachthof verjagt. Auch scheuten diejenigen, denen er ihre kriminellen Machenschaften aufdeckt, nicht vor Mord- und Bestechungsversuchen zurück. Demolierung seines Autos inbegriffen.
Ein gutes Gespür, wann er aufhören muss, bescheinigt ihm seine Frau Marina, die ihn oft bei seiner Arbeit begleitet. „Ich kann nicht die Welt verändern“, sagt Manfred Karremann, aber manches wendete sich nach seinen Filmen doch zum Besseren. Wie die Einstellung des doppelstöckigen Pferdetransports oder das Handelsembargo für Katzen- und Hundefelle aus China in die USA, Australien und Europa.
Erstmals in der über 30-jährigen Geschichte der Goldenen Filmspule ging der Preis an einen Fernsehjournalisten. Barbara Brugger vom LinseVorstand leuchtete das vielfältige Spektrum der Geehrten vor und hinter der Kamera aus. Von Schauspielerin Marianne Sägebrecht über den Kameramann Michael Ballhaus bis zum Synchronsprecher oder dem Filmplakatmaler René Birkner.
Mit 1000 Euro ist die Goldene Filmspule dotiert. Die Hälfte des Geldes schießt Gottfried Härle von der gleichnamigen Brauerei zu. „Es ist spannend für eine kleine Brauerei, den kleinsten Filmpreis Deutschlands unterstützen zu dürfen“, sagt er. Das Preisgeld spendet Karremann, der auch schon mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet wurde, seinen Patenkindern auf Bali und Haiti.
Nach der jüngsten Dokumentation „Goldkinder“, die Kinderarbeit in Goldminen anprangert, kommt nun im Februar sein neuester Film ins Fernsehen. Titel: Falscher Verdacht. Es geht um Menschen, die grundlos schwerer Verbrechen beschuldigt werden. Und dann steht bei Karremann, der aus Mitleid schon viele Hunde, Katzen und Pferde bei sich aufgenommen hat, wieder der Tierschutz im Fokus.