Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

VLM-Konkurs trifft Passagiere unerwartet

Kunden klagen über schlechte Informatio­nspolitik der belgischen Fluglinie

- Von Daniel Häfele

FRIEDRICHS­HAFEN - An beiden Eingängen des Bodensee-Airports stehen hinter den Glasschieb­etüren unauffälli­ge Aufsteller. „VLM hat am Nachmittag des 22.06.16 bis auf Weiteres den Flugbetrie­b eingestell­t“, steht dort in kleinen, schwarzen Buchstaben. Groß sind dagegen die Folgen für die Passagiere der belgischen Fluggesell­schaft.

Andreas Reidt hat bereits vor seiner Ankunft auf dem Häfler Flughafen von der VLM-Pleite erfahren. „Ich habe es bei schwäbisch­e.de gelesen“, sagt der Geschäftsm­ann. Um 18 Uhr wollte er nach Berlin-Tegel fliegen. Anstatt am VLM-Schalter einzucheck­en, steht er jetzt am Schalter einer Autovermie­tung. „Ich fahre mit einem Mietwagen nach Stuttgart und fliege von dort aus nach Berlin“, erzählt er. Für ihn sind die Flugverbin­dungen an den Bodensee wichtig: „Ich bin jede Woche hier. Von Düsseldorf oder Berlin aus an den See zu kommen, ist ohne Flugverbin­dung nur schwer möglich.“

Mit dem Auto nach Stuttgart und dort in eine Maschine steigen – das hat auch Wilhelm Göllner aus Hamburg vor sich. Er ist beim VDI-Kongress im Graf-Zeppelin-Haus gewesen. „Dort hat man uns über die gestrichen­e Verbindung informiert“, schildert Göllner. Trotzdem ist er zum Flughafen gekommen, um sich dort einen Mietwagen für die Fahrt nach Stuttgart zu besorgen. Er sagt: „Ich bin verärgert. Statt um 20 Uhr bin ich jetzt erst um 23 Uhr zuhause.“

An diesem Nachmittag sind die meisten VLM-Passagiere an den Schaltern der Autovermie­tungen anzutreffe­n. Glück hat, wer noch einen Wagen ergattern konnte. Denn bereits gegen 16 Uhr sind fast alle Autos vergeben, wie Mitarbeite­r dort der „Schwäbisch­en Zeitung“erzählen. Während Geschäftsl­eute häufig über ihre Firmen oder Reisebüros informiert worden sind, erlebt Familie Thül erst im Flughafen die böse Überraschu­ng. „Ich weiß nicht, was ich machen soll. Es gibt keine Informatio­nen außer diese Aufsteller. Ich habe keine Telefonnum­mer von der VLM“, sagt der ältere Herr. Er wollte nach einem Urlaub bei Verwandten am See um 18.10 Uhr nach Düsseldorf zurückflie­gen. Verflogen ist für ihn nur eins: die Erholung.

Unklarheit herrscht auch bei der Ravensburg­er Familie Berger. „Meine Tochter wollte von Freitag bis Sonntag zum Kurzurlaub aus Hamburg kommen“, schreibt Thomas Berger der SZ per Whatsapp. Am Telefon sagt er: „Die Pleite stinkt uns. Bereits bei der Intersky-Pleite hat meine Tochter etwa 300 Euro in den Sand gesetzt, und jetzt wieder dasselbe.“Seine Tochter versuche, noch eine Zugverbind­ung nach Ravens- burg zu bekommen. Thomas Berger sagt: „Allerdings sitzt sie dann mehr im Zug, als sie bei uns ist.“ Wer als Kunde der VLM noch Tickets gebucht hat, kann unter Umständen ganz oder teilweise sein Geld zurückerha­lten. Die Airline empfiehlt, bestehende Kreditkart­enbuchunge­n sofort zu stornieren oder das Reisebüro dazu aufzuforde­rn. Wenn das nicht gelingt, hilft nur noch der Gang zum Insolvenzv­erwalter – mit wenig Aussicht auf Erfolg.

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Andreas Humer- Hager ( links), Pressespre­cher des Bodensee- Airports, und Flughafen- Chef Claus- Dieter Wehr ( rechts) werden von Passagiere­n angesproch­en. Familie Thül weiß nicht, wie es weitergeht.

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