Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Trotz Konkurrenz: „Ravensburg liest“
Obwohl zeitgleich die Nationalmannschaft spielt, ist die Auftaktveranstaltung gut besucht
RAVENSBURG - Zum Auftakt der Vorlesereihe „Ravensburg liest“sind am Dienstag zwei Romane der Weltliteratur zu Gehör gekommen, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Rudolf Schick präsentierte Auszüge aus Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Margot Arnegger fesselte mit lebhaften Dialogen aus dem Bestseller „Wer die Nachtigall stört“der US-Amerikanerin Harper Lee.
Wenn auch ab und an ein paar Regentropfen fielen, die Zuhörer saßen entspannt unter Sonnenschirmen im Gastgarten des Cafés Miteinander, von grüner Wiese und hohen Bäumen umrahmt. Auf den musikalischen Rahmen hat man in der neuen Umgebung erst mal verzichtet. Der pensionierte Lehrer Rudolf Schick gab aufschlussreiche Hinweise zu dem siebenbändigen französischen Roman „A la recherche du temps perdu“, deutsch „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, der in der Pariser Gesellschaft um das Jahr 1900 spielt. Schick las zwei Episoden aus dem ersten Band und nahm die langen Satzfolgen mit Leichtigkeit. Der Geschmack eines Stücks in Tee getauchten, muschelförmigen Gebäcks beschert dem jungen Erzähler Mar- Lesungen aus Lieblingsbüchern gibt es an drei weiteren Abenden. Am Dienstag, 28. Juni, liest Roswitha Malewski, Fachberaterin für Schulentwicklung und bei der literarischen Bürgerinitiative „ Im blauen Sessel“engagiert. Mit dem autobiografischen Roman „ Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“des Schauspielers, Regisseurs und Schriftstellers Joachim Meyerhoff wird es sicher nicht langweilig. Da wohnt der Schauspielschüler bei seinen Großeltern, einer Diva und cel eine Art Erleuchtung, eine geheime Kraft, die er erkundet, bis sie sich preisgibt: „Und mit einem Mal war die Erinnerung da.“Der zweite Abschnitt, in dem es um die Feinheiten der Konversation ging, erheiterte das Publikum hörbar.
Der Roman „Wer die Nachtigall stört“, der 1926 geborenen Harper Lee, sei vielleicht der wichtigste der einem emeritierten Philosophieprofessor in München und folgt ihren abenteuerlichen Ritualen. Die Buchhändlerin Anna Rahm liest von Jocelye Saucier „ Ein Leben mehr“. In der Geschichte dreier alter Männer, die sich in die nordkanadischen Wälder zurückgezogen haben, tauchen eines Tages Frauen auf. Sie bleiben und etwas, das niemand für möglich gehalten hätte, entsteht. Am Dienstag, 5. Juli, liest Bürgermeister Simon Blümcke aus dem Roman „Das Haus an der Moschee“ US-amerikanischen Literatur, bemerkte Bibliothekarin Rita Cienia. Margot Arnegger sagte, bevor sie sich voll in den lebhaften Text stürzte: „Es ist ein Buch über Gleichheit und Toleranz. Das brauchen wir gerade.“Trotz des ernsten Gegenstands gab die unverblümte Ausdrucksweise des zehnjährigen Jem und der sechsjährigen Scout den Zu- des 1954 geborenen iranisch- niederländischen Autors Kader Abdolah. Susanne Droste- Gräff liest aus dem ersten Band einer Romantrilogie über die moderne Liebe: „ Liebesleben“der 1959 geborenen israelischen Erfolgsautorin Zeruja Shalev. Am Dienstag, 12. Juli, liest Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin Andrea Dreher aus den Erzählungen „ Das erste Abenteuer“von Hermann Hesse. Ein Besuch im Hesse- Museum auf der Höri hat sie bewogen, mal wieder ein Buch des hörern immer wieder Grund zur Heiterkeit. Die Geschwister wachsen in einer Kleinstadt in den 1930erJahren behütet auf. Ihr Vater Atticus Finch ist Anwalt. Als er die aussichtslose Verteidigung des Schwarzen Tom Robinson übernimmt, kommt die Geschichte ins Rollen, und die beiden Kinder geraten in Lebensgefahr. Maler- Dichters Hermann Hesse zu lesen. Die in den Jahren 1905- 1907 entstandenen Erzählungen glänzen mit eindrucksvollen sprachlichen Bildern. Oliver Schneider, in Köln geboren, Architekt und zurzeit hauptberuflich Vater, wird vom russischen Autor Gaito Gasdanow ( 1903- 1971), der emigrierte und in Paris lebte, den Roman „ Das Phantom des Alexander Wolf“vorstellen. Alle Bücher sind in der Stadtbücherei auszuleihen und bei Ravensbuch vorrätig. ( blö)