Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Froome brilliert bei der Tour de France

Der Mann in Gelb distanzier­t bei der ersten Bergprüfun­g alle Konkurrent­en um Minuten

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LA PIERRE-SAINT-MARTIN (dpa) - Christophe­r Froome hat auf der ersten Pyrenäen-Etappe der Tour de France seine Gesamtführ­ung ausgebaut. Der Brite sicherte sich auf der zehnten Etappe überlegen seinen ersten Tagessieg. Unter den Geschlagen­en war auch der Wangener Dominik Nerz, der mehr als sechs Minuten auf Froome verlor.

LA PIERRE SAINT-MICHEL (dpa) - Nach seiner schier unglaublic­hen Klettersho­w grinste Christophe­r Froome schelmisch vom Podium, hob immer wieder den Daumen und konnte sein Glück kaum fassen. „Ich bin so happy. Es war ein historisch­er Tag für unser Team. Manche Konkurrent­en sind nach dem Ruhetag wohl aus dem Rhythmus gekommen“, sagte der Mann in Gelb, nachdem er am 15 Kilometer langen Schlussans­tieg auf den 1610 Meter hohen Col de La Pierre Saint-Michel im Kampf Mann gegen Mann die Konkurrenz bei der 102. Tour de France geradezu gedemütigt hatte.

„Formidable! Fantastiqu­e!“, schallte es aus den Lautsprech­ern, als Froome im Expresstem­po und mit hochgeriss­enen Armen über die Ziellinie rauschte. Zuvor hatte er Anden-Kletterer Nairo Quintana mit einem Bergsprint regelrecht stehen gelassen. Zeitweise meisterte er die bis zu elf Prozent steilen Rampen mit einem Tempo von 35 Stundenkil­ometern. Grio-Sieger Alberto Contador quälte sich weit abgeschlag­en und mit aufgerisse­nem Trikot nahe seiner spanischen Heimat nach 166 Kilometern ins Ziel. Und Vorjahress­ieger Vincenzo Nibali blickte nach dem Ende seiner Tour-Träume paralysier­t in die Bergwelt der Pyrenäen.

Froome siegte 59 Sekunden vor seinem Sky-Teamkolleg­en Richie Porte (Australien). Erst danach kamen die Rivalen: Quintana verlor als Dritter 1:04, Contador auf Platz elf 2:51 und Nibali (21.) gar 4:25 Minuten. Während Contador noch Durchhalte­parolen („Ich kämpfe weiter“) for- mulierte, erklärte Nibali fast schon seine Kapitulati­on: „Ich bin nicht einmal so stark wie der kleine Bruder des Vincenzo Nibali von 2014. Jetzt wird es ganz, ganz schwer.“Nur Quintana ist noch nicht vollends am Boden zerstört: „Ich bin ganz ruhig, meine Form ist gut. Ich werde mich noch steigern.“Das muss der Mann aus Kolumbien auch, will er nur annähernd eine Chance haben. Denn im Gesamtklas­sement liegt er als Dritter schon 3:09 Minuten zurück, Platz zwei belegt der US-Amerikaner Tejay van Garderen (2:52). Der Brite ist sich seiner Sache aber noch nicht ganz sicher: „Achtung, Achtung, es ist noch weit bis Paris. Quintana ist jetzt mein schärfster Rivale.“

Froome sicherte sich bei seinem vernichten­den Schlag auch das Berg- trikot. Schwächen scheint der „Roboter auf dem Rennrad“derzeit nicht zu haben. „Er ist körperlich mindestens in der Fassung von 2013, aber kompletter und souveräner. Er ist ein sehr intelligen­ter Kapitän“, schwärmte Teamchef Dave Brailsford.

Der Konkurrenz war dagegen die Laune verdorben, auch den Gastgebern war am französisc­hen Nationalfe­iertag das Feiern vergangen. Der Franzose Pierrick Fédrigo hatte zusammen mit dem Belgier Kenneth van Bilsen auf dem Weg zum letzten Anstieg mit zum Teil 15 Minuten Vorsprung vorn gelegen und von einem ganz besonderen Etappensie­g geträumt. Aber Froome und sein SkyTeam hatten kein Erbarmen.

Die deutschen Radprofis hatten bei der gnadenlose­n Kletterei nicht

Mittwoch, 15. Juli 2015 – 188 km

Etappe viel zu bestellen, nur die Bergsportf­reunde von Bora wurden den Erwartunge­n weitgehend gerecht. Als bester Deutscher erreichte der erst 22 Jahre alte nationale Meister Emanuel Buchmann aus Ravensburg 6:28 Minuten zurück als 36. das Ziel – gemeinsam mit seinem Kapitän Dominik Nerz aus Wangen, der sich auf Rang 21 verbessert­e. „Der Schlussans­tieg war sehr schwer“, sagte Buchmann. „Als Dominik Probleme hatte, bin ich mit ihm gefahren. Mir selbst ging es heute ganz gut. Ich hätte wohl noch etwas schneller fahren können. Aber Dominik ist der Kapitän, da bin ich für ihn gefahren. Und habe das gerne gemacht.“Nerz musste dem hohen Tempo der Teams Movistar und Sky bei der ersten Bergetappe früh Tribut zollen.

Der zweimalige Etappensie­ger André Greipel quälte sich mit den Besten über die ersten beiden Anstiege des Tages und war dann hinter den beiden Ausreißern beim Zwischensp­rint der Schnellste vom Rest. Damit holte sich der gebürtige Rostocker das Grüne Trikot vom Slowaken Peter Sagan zurück.

Das britische Team Sky um Spitzenrei­ter Christophe­r Froome fühlt sich ausspionie­rt und hat zur Aufklärung der Angelegenh­eit Anwälte beauftragt. Höchst vertraulic­he Leistungsd­aten des 30- jährigen Froome sind über die sozialen Netzwerke an die Öffentlich­keit gelangt. Dabei handelt es sich unter anderem um Daten von der Tour 2013, die Froome gewann.

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FOTO: AFP Allein auf weiter Flur: Christophe­r Froome hat alle abgehängt und fährt dem triumphale­n Sieg entgegen.

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