Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Immer alle mit ins Boot“
Wie Trainer Ralph Hasenhüttl den Aufsteiger FC Ingolstadt in der Bundesliga etablieren will
INGOLSTADT - Vier Jahrhunderte lang war die Stadt Sitz der Bayerischen Landesfestung. „Schanzer“werden die Fußballspieler des FC Ingolstadt deshalb oft genannt. Der Verein aus der Autostadt wird der 54. Klub sein, der in der Bundesliga antreten wird. Kaum zu glauben, stand der FCI noch vor knapp zwei Jahren auf dem letzten Platz der 2. Liga. Dann wurde der Erfolgstrainer des damaligen Ligarivalen VfR Aalen verpflichtet, der Österreicher Ralph Hasenhüttl. Der 47-Jährige führte die Oberbayern in die Beletage des deutschen Fußballs. Was er sich mit seinem Team in der DebütSaison vorgenommen hat, hat er mit Timo Lämmerhirt besprochen.
Kann man beim FCI angesichts des rasanten Aufstiegs von einem Fußballmärchen sprechen oder ist Ihnen das zu romantisch? Nein, das ist gar nicht zu romantisch. Den Aufstieg hat uns ja niemand zugetraut, wir aber haben immer an uns geglaubt. Dennoch ist es sensationell, dass wir es geschafft haben.
Was haben Sie alles verändert? Wer mich kennt, weiß, dass ich immer alle mit ins Boot nehme, vor allem die Fans. Als ich herkam, hatten wir nicht viel Kredit. Nach und nach wurden uns dann auch schwächere Spiele verziehen. Mittlerweile können wir die Leute begeistern, das sieht man an den Zuschauerzahlen. Diese Symbiose ist ein großer Unterschied. Auswärts waren wir in der Saison davor auch schon stark, hatten dafür aber zu Hause kaum Lösungen. Diese Lösungen haben wir uns angeeignet.
Wie würden Sie das Spiel Ihrer Mannschaft beschreiben? Wir gestalten das Spiel lebendig, investieren unheimlich viel und gehen mit unserem Pressing manchmal großes Risiko. Dieser Mut wird häufig belohnt.
Mit Michael Henke, dem früheren Assistenten von Ottmar Hitzfeld, haben Sie vielleicht den berühmtesten Co-Trainer der Liga. Inwieweit kann er Ihnen im neuen Umfeld weiterhelfen? Das ist richtig, er kennt die Liga, ich nicht, noch nicht mal als Spieler (schmunzelt). Das kann aber durchaus ein Vorteil sein, da ich unbedarft an die Sache herangehe. Er ist immer ein guter Ansprechpartner und kennt genau meine Philosophie. Ich bin ein Teamplayer und höre mir immer alles an. Die Entscheidungen muss am Ende aber ich treffen.
Sie vertrauen zum Großteil Ihrem Aufsteigerteam. Das hat der SC Paderborn auch gemacht – und ist direkt wieder abgestiegen. Warum soll es bei Ihnen und dem FC Ingolstadt anders laufen? Wir waren Zweitligameister, Köln davor auch. Die Kölner sind noch drin. Ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, dass wir mal drei oder vier Spiele hintereinander verlieren werden. Außerdem haben es sich diese Spieler verdient. Wenn wir im Winter merken, dass es nicht funktioniert, können wir immer noch nachlegen. Gibt es seitens des Vereins irgendwelche Vorgaben? Wir sprechen hier im Verein eine Sprache. Es kann nur eine Vorgabe geben – und die heißt Klassenerhalt. Ich weiß, dass wir das schaffen werden. Am Ende werden drei Mannschaften hinter uns stehen, davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt. Das klingt selbstbewusst. Wenn wir denken würden, dass wir es nicht packen, bräuchten wir ja gar nicht anzutreten. Wir werden schnell lernen und uns an das Niveau der Bundesliga annähern müssen. Wir kommen nicht, um uns die schönen Stadien anzuschauen (lacht).
Ärgern Sie sich eigentlich, dass Sie mit einem Auswärtsspiel – beim FSV Mainz 05 – starten müssen? Nein, überhaupt nicht. Das ist mir sogar ganz recht. Seitdem ich hier bin, haben wir erst zwei Auswärtsspiele verloren. Ich denke, dass wir auch eine Liga höher auswärts ungemütlich sein können.
Ralph Hasenhüttl
Was sind denn – unabhängig vom Tabellenplatz – Ihre persönlichen Ziele in der kommenden Saison? Ich bin nur neugierig, wie wir mit dieser Mannschaft mithalten wer- den. Ich möchte unseren Fans in der Bundesliga einige Siege schenken. Ich hoffe sehr, dass wir mutig bleiben, auch wenn wir mal einen übergebraten bekommen. Ich selbst sehe mich nach wie vor als lernenden Trainer und möchte das aufsaugen.
„Wir kommen nicht, um uns die schönen Stadien anzuschauen.“
In der vergangenen Saison waren Sie fast ein halbes Jahr in jeder Partie der Favorit ... Das ist jetzt viel leichter. Der Druck, immer Favorit zu sein, ist nicht klein. Jetzt sind wir in jedem Spiel der Underdog, haben im Prinzip nichts zu