Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Auftritt abgesagt nach Nazi-Gruß
Nach Nazi-Gruß darf die Weingartener Musikkapelle nicht in Weißenau auftreten
Weingartener Gamsbart-Trio darf nicht beim Weißenauer Fest spielen.
„Original GamsbartTrio – ein Garant für Ihre Veranstaltung – lustig und gut“: So wirbt die Weingartener Volksmusik-Kapelle auf ihrer Homepage. Beim Ellwanger Volksfest ging ein vermeintlicher Spaß aber gründlich daneben. Ein Musiker provozierte das Publikum mit „Sieg“-Rufen, „Heil“zu antworten, was einige Zuhörer laut Zeugen auch taten (die SZ berichtete: „Rechte Sprüche bei Ellwanger Volksfest“, 4. Juli). Ihr für Samstag geplanter Auftritt beim Kinder- und Heimatfest in Weißenau ist am Montag von den Veranstaltern abgesagt worden, nachdem der Ravensburger GrünenPolitiker Manfred Lucha das gefordert hatte.
Der Skandal um den Nazi-Gruß schlug hohe Wellen, obwohl sich die Musiker zwischenzeitlich für den „Faux-Pas“entschuldigten, der strafrechtliche Konsequenzen haben könnte. Manfred Lucha, Landtagsabgeordneter der Grünen, fordert die Veranstalter des Kinder- und Heimatfestes in Weißenau dazu auf, die Kapelle mit dem merkwürdigen Verständnis von Humor und Geschichte auszuladen. Gerade auch angesichts der Vergangenheit des Ravensburger Ortsteils, von dessen Heilanstalt aus während der Nazizeit 691 behinderte Menschen zur „Euthanasie“nach Grafeneck deportiert wurden, wo man sie vergaste.
„Mit so was macht man keine Scherze. Es gibt eine Grenze“, sagt der Ravensburger Grünen-Politiker. Er legt der Musikkapelle nahe, sich von dem Harmonikaspieler, der den Spruch provoziert haben soll, zu trennen. „Für öffentliche Veranstaltungen ist sie sonst nicht mehr geeignet.“
Die Veranstalter des Kinder- und Heimatfestes haben sich die Sache gut überlegt. „Eine sehr schwierige Situation für uns, auf die Schnelle ei- nen Ersatz zu finden“, sagte Vereinsvorsitzender Ulrich Höflacher der „Schwäbischen Zeitung“. „Wenn jemand einspringt, ist mir das recht.“Der CDU-Stadtrat glaubt zwar nicht, dass die Musiker des Gamsbart-Trios Rechtsradikale sind, „sondern es war eher eine blöde Äußerung im Effekt, ein übler Streich. Ich glaube den Musikern auch, dass sie tief zerknirscht sind“, so Höflacher. Dennoch habe sich der Vorstand dazu entschieden, den Auftritt abzusagen. „Wir wollen keine politische Diskussion hier, sondern ein schönes Fest feiern.“Eingeladen werden allerdings die Flüchtlinge, die in Weißenau untergebracht sind.
Polizei startet Vorermittlung
Ob der misslungene Auftritt in Ellwangen ein juristisches Nachspiel haben wird, steht noch nicht fest. Die dortige Polizei hat Vorermittlungen aufgenommen. Infrage käme Paragraf 86a des Strafgesetzbuches, sagte der Weingartener Strafrichter Axel Müller auf Anfrage dieser Zeitung: „das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“. Er geht, nach dem, was er gehört hat, aber auch eher von Dummheit aus als von einem rechtsradikalen Hintergrund.
„Dumm, dumm, dumm“, findet auch der Vorsitzende des Blasmusikkreisverbandes, Rudi Hämmerle, den Auftritt der Weingartener Musiker, von denen der Übeltäter sogar ein Cousin zweiten Grades von ihm ist. Dieser marschiere bei Auftritten wohl auch schon mal im Stechschritt mit Helm auf dem Kopf und Akkordeon in den Händen durch die Bierbänke. „Er ist eigentlich ein herzensguter Mensch, aber so was geht gar nicht“, distanziert sich Hämmerle von solchen Scherzen.
Die Idee, eine Ersatzkapelle für Weißenau zu beschaffen, sei aber nicht leicht umzusetzen, meint der Verbandsfunktionär. „Es gibt schon einige Tanzbands, die eine halbe oder dreiviertel Stunde Programm spielen können, aber einen ganzen Abend lang? Schwierig.“Vor allem so kurzfristig und an einem Sommerwochenende, an dem jede Menge Volksfeste gleichzeitig stattfinden.
Hans Popofsits-Mattes, Sprecher des Gamsbart-Trios, sagte dieser Zeitung auf Anfrage: „Der kleine Fauxpas ist aus einer Bierlaune heraus entstanden. Es tut uns ehrlich leid.“Die Volksmusiker werden den betreffenden Harmonika-Spieler aber auf gar keinen Fall aus der Band werfen. „Er ist das Urgestein, Frontfigur und Gründungsmitglied des Gamsbart-Trios.“