Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Keine Berührungsängste
Mittelalter-Historiker Thomas Zotz steht an der Spitze der Gesellschaft Oberschwaben
RAVENSBURG - Das Mittelalter erfreut sich großer Beliebtheit – Fernsehserien wie „Games of Thrones“, Mittelalter-Märkte, Ritterspiele zeugen davon. Thomas Zotz, Professor für mittelalterliche Geschichte und seit Oktober Vorsitzender der Gesellschaft Oberschwaben, hat hier keine Berührungsängste. Er findet diesen Trend durchaus „im Interesse des Faches“. So wird der Mediävist nächstes Jahr zu einer Tagung der Gesellschaft Oberschwaben in den Campus Galli nach Meßkirch einladen. Thema: Herrschaftspraxis in der Karolingerzeit.
Für wesentlich problematischer hält der Mittelalter-Historiker da Thomas Zotz ( Foto: pr) ist im Oktober 2014 als Nachfolger von Elmar L. Kuhn zum neuen Vorsitzenden der Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur gewählt worden. Er wurde 1944 in Prag geboren. Die Familie landete nach der Flucht 1945 zunächst in Pfullendorf, ehe sie 1946 in Freiburg – der Vater stammte von dort – eine neue Heimat fand. Thomas Zotz hat dort sowie in Wien und Hamburg die Fächer Geschichte, Latein, Geografie sowie Ur- und Frühgeschichte studiert. Nach dem Staatsexamen 1969 und der Promotion 1972 in Freiburg über den Breisgau und das alemannische Herzogtum im 10. und 11. Jahrhundert arbeitete Zotz bis 1989 am schon Sendungen auf ZDF-History: Bei denen würden zwischen mehr oder weniger frei erfundene historische Spielszenen Statements von seriösen Wissenschaftlern geschnitten. Das sei kontraproduktiv. Da werde Wissenschaftlichkeit nur vorgegaukelt.
Zotz ist der Meinung, dass man einem Laienpublikum durchaus etwas zumuten könne. Das habe er bei Veranstaltungen der Gesellschaft Oberschwaben gespürt, auch bei den durchaus hochkarätigen Veranstaltungen seines Vorgängers im Amt, Elmar L. Kuhn. Der wird übrigens seine erfolgreichen Exkursionen zu literarischen Stätten fortsetzen. Heuer geht es um Michael Ritter von Jung (13. Juni), Heinrich Hansjakob Max- PlanckInstitut für Geschichte in Göttingen. Von 1986 bis 1989 war er Directeur d’Etudes an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris. Dann nahm er den Ruf auf die Professur für mittelalterliche Landesgeschichte des deutschsprachigen Südwestens an der Universität Freiburg an. Seit 2010 ist Thomas Zotz emeritiert. Schwaben im Mittelalter ist sein Forschungsschwerpunkt. In der Freiburger Zeit widmete er sich der (18. Juli) und Josef Weiger und Romano Guardini (19.September).
Wirtschaftsgeschichte im Blick Im Herbst (8. bis 10. Oktober) lädt die Gesellschaft Oberschwaben zu einer Tagung über das Thema „Herrschaft, Markt und Umwelt: Wirtschaft in Oberschwaben von 1300 bis 1600“nach Bad Waldsee ein. Unter Leitung von Sigrid Hirbodian, Inhaberin des Lehrstuhls für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Tübingen, Rolf Kießling, emeritierter Landesgeschichtler der Universität Augsburg, und Edwin Ernst Weber, Sigmaringer Kreisarchivar und Kulturamtsleiter, werden Fragen erörtert werden wie: Wer waren die wirtschaftlichen Akteure? Wie haben Erforschung des Oberrheinraums und der Prägung durch die Zähringer. Welfen und Staufer stehen freilich als zentrale Geschlechter im hochmittelalterlichen Schwaben ebenfalls im Zentrum seines Interesses. Im Katalog zur Konstanzer Konzilsausstellung 2014 hat er den Aufsatz über „ Fürsten, Grafen, Herren, Ritter. Adelsgeschlechter der Region auf dem Konzil“geschrieben, und im Katalog zur Schaffhauser RitterAusstellung widmete er sich dem Thema „ Stadt, Adel und Ritterturnier“. In dem von Johannes Fried im Beck- Verlag herausgegebenen Sachbuch „ Die Welt des Mittelalters. Erinnerungsorte eines Jahrtausends“hat Zotz den Beitrag über die Ritter verfasst. ( sz) sich Adel, Städte, Klöster, Bauern verhalten? Wie hat sich die Agrarwirtschaft verändert, wie die Umwelt? Dieses Symposium ist der Auftakt zu einem dreiteiligen Projekt zur Wirtschaftsgeschichte.
Auch für 2017 hat Zotz schon Pläne. Am Reformationsjubiläum kommt auch die Gesellschaft Oberschwaben nicht vorbei. Zotz denkt an eine Tagung in Weingarten. Das Tagungshaus kennt er vom Symposion über Hermann den Lahmen, das dort 2013 stattgefunden hat. Zotz hielt damals einen Vortrag über Hermann und seine Familie, die Grafen von Altshausen. Der Tagungsband soll Ende des Jahres erscheinen.
2017 jährt sich noch ein anderes Ereignis, das von großer historischer Tragweite für Schwaben war: Mit Welf VII. starben 1067 die süddeutschen Welfen aus. Ihre Herrschaft im Südwesten ging auf die Staufer über. Eine Zeit und ein Thema über das Professor Zotz schon viel geforscht hat und das er ebenfalls zum Thema einer Tagung der Gesellschaft Oberschwaben machen möchte.
Die Gesellschaft Oberschwaben ist eine Stiftung und lebt von großzügigen Spendern. Die Finanzkrise hat auch sie zu spüren bekommen. Doch Zotz gibt sich zuversichtlich: „Das Kapital ist gut angelegt, und auch die OEW hat, obwohl auch sie nicht mehr so gut ausgestattet ist, bislang noch keinen Rückzieher gemacht.
Informationen über die Gesellschaftschaft Oberschwaben: www.gesellschaft-oberschwaben.de