Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
30-Meter-Mast: Urteil fällt nächste Woche
Vor-Ort-Termin in der Ravensburger Weststadt dreht sich um Baurecht, nicht um Gesundheitsfragen
RAVENSBURG - Das Urteil, ob in der Weststadt direkt neben der Hochberg-Apotheke ein 30 Meter hoher Handymast gebaut werden darf, fällt nächsten Dienstag. Bis dahin will der Verwaltungsgerichtshof Mannheim entscheiden, ob die Stadt an dieser Stelle eine Befreiung vom Bebauungsplan zulassen und damit dem Antrag der „Deutsche Funkturm“stattgeben muss. Um vergleichsweise trockene baurechtliche Fragen ging es am Donnerstag beim Vor-OrtTermin - nicht um gesundheitliche Bedenken, die gut 30 besorgte Anwohner vortragen wollten.
Die Frage der Belastung durch Strahlung ist aus Sicht des Gerichtes gar kein Thema, weil die TelekomTochter alle Vorschriften einhalte, sagte Richter Karsten Harms, der empörte Nachbarn während der Verhandlung mehrfach zur Ordnung rief. Immer wieder ging es in Zwischenrufen auch um die beiden Kindergärten in der Nähe. 1600 Weststadt-Bewohner hatten schon vor vier Jahren gegen den „Funkturm“mit ihren Unterschriften protestiert.
Der Senat glaubt weiterhin, dass der Riesen-Handymast dem Bebauungsplan an dieser Stelle widerspricht, so Harms. Mit einer ähnlichen Begründung hatte 2012 die Stadt Ravensburg den Prozess in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen gewonnen, als die Telekom-Tochter geklagt hatte.
Allerdings müsse eine mögliche Befreiung geprüft werden, sagte der Richter. Dabei geht es auch um die Frage, ob sie mit nachbarschaftlichen Interessen vereinbar wäre. Das Gericht nahm deshalb besonders das angrenzende Gebäude unter die Lupe, in dem sich die Apotheke, Ärzte, ein Elektroladen, ein Café, aber auch Wohnungen befinden. Im Mittelpunkt stand auch die Frage, ob das achtstöckige Hochhaus außerhalb des betroffenen Baugebietes als Bezugsgröße für die Dimension des Handymastes heranzuziehen ist.
„Bedrohliche Wirkung“Von einer „bedrohlichen Wirkung“des geplanten Turms spricht die Stadt, vertreten durch Herbert Krom, Leiter des Bauordnungsamtes. Der Abstand betrage keine 18 Meter bis zum nächsten Wohnhaus, der Mast sei von allen Seiten zu sehen. Mit nachbarschaftlichen Belangen sei das nicht vereinbar. Das Hochhaus sei als Bezug nicht legitim, dafür sei es zu weit vom geplanten Standort entfernt. Die Deutsche Funkturm wiederum meint, ein Mast wirke lange nicht so massiv, wie ein Gebäude, deshalb dürfe die Höhe von 30 Metern auch nicht als Maßstab angeführt werden. Die Harmonie des Gebietes werde nicht gestört, weil die Wohnbebauung in Richtung Süden, weg vom Mast, ausgerichtet sei. Dazu sei ein guter Handyempfang heute eher ein Beitrag zum Allgemeinwohl als eine Verletzung nachbarschaftlicher Belange. Selbst einen anderen Standort, 500 Meter Luftlinie entfernt, hält das Unternehmen für möglich, doch werde auch dieser von der Stadt abgelehnt.
Die Nachbarn werden bis nächste Woche bangen müssen, vielleicht auch darüber hinaus. Die „Deutsche Funkturm“dachte am Donnerstag schon laut über eine mögliche Revision nach, sollte ihr das Urteil nicht schmecken.