Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ergathof könnte dem Abriss entgehen
Investor zeigt Interesse an dem Gebäude in der Ravensburger Weststadt – Sanierung ist für Stadt zu teuer
RAVENSBURG - Eigentlich sollte er zusammen mit dem Gebäude Gossnerstraße 2 abgebrochen werden, weil die Stadt Parkplätze für eine neue Grünanlage braucht. Doch der Ergathof gegenüber vom Autohaus Zwerger in der Ravensburger Weststadt bekommt eine Gnadenfrist: Möglicherweise greift ein Investor zu und saniert das mehr als 100 Jahre alte Gebäude. Für den Erhalt des Hauses kämpfen seit Wochen Bürger und Stadträte - auch, um dort möglicherweise Flüchtlinge unterzubringen.
Fast alle Fenster und Türen sind nicht nur verrammelt, sondern auch zugenagelt: In den seit Jahren leer stehenden Hof wurde immer wieder eingebrochen, sämtliche Fenster sind eingeworfen, Obdachlose haben in den Innenräumen unterschiedlichste Spuren hinterlassen. Sollte auf dem Areal etwas passieren, wäre die Stadt Ravensburg als Eigentümerin des Anwesens dran: „Unsere Verkehrssicherungspflicht endet nicht, weil das Gebäude nicht benutzt wird“, erklärt Ravensburgs Baubürgermeister Dirk Bastin beim Ortstermin. Und stellt im selben Atemzug klar, dass man sich weder von der Retro-Blümchentapete noch den alten Kachelöfen oder schmucken Kassettentüren blenden lassen sollte: Das Gebäude sei extrem sanierungsbedürftig.
Sanierung kostet 960 000 Euro Keine Heizung, Einfachverglasung, keine funktionierenden Sanitäranlagen, kein Anschluss ans Kanalsystem, mit kontaminierter Ziegelabfallschlacke unterfütterte Böden, rostende Stahlträger und die Wände hochziehende Feuchtigkeit: Würde die Stadt all das auf Vordermann bringen, müsste sie laut Bastin rund 960 000 Euro in das Gebäude stecken. Damit dann 19 Menschen, gegebenenfalls Flüchtlinge, dort untergebracht werden könnten. Unter diesen Umständen würde ein Wohnplatz gut 50 000 Euro kosten, wie Bastin ausführt. Im Vergleich dazu gibt die Stadt momentan für einen Platz in einem Conatiner-Modul genau halb so viel Geld aus.
Da stimmt das Verhältnis für den Baudezernenten nicht so recht: „Die Frage ist, ob es das Gebäude an dieser Stelle braucht und der Aufwand, es mit Steuergeldern zu erhalten, gerechtfertigt ist.“Einen Abbruch würde man schätzungsweise mit lediglich 65 000 Euro über die Bühne bekommen.
„Attraktiver Erlebnisraum“Eine kommunale Nutzung des Ergathofs schließt Bastin aus. Denn die Stadt hat andere Pläne mit dem Grundstück: Es soll (nach dem Abriss) als Parkplatz für den sogenannten Rahlenpark dienen. Dieser Erholungs-Grünraum soll bereits an der von der Meersburger Straße abgehenden Einfahrt zum Vogelhäusle beginnen. Geplant sind separate Wege für Spaziergänger, Jogger, Fußgänger, Mountainbiker und Reiter plus Spiel- und Grillplätze – eben „ein attraktiver Erlebnisraum für sämtliche Weststadtbewohner“, macht Bastin deutlich. Um den Parkwald weiter aufzuwerten, soll der Parkplatz aus dem Rahlenwald bis vor zur Straße weichen – an die Stelle des Ergathofs.
Obschon der Rahmenplan dafür bereits vom entsprechenden Gemeinderatsausschuss (AUT) verabschiedet wurde, könnte nun doch alles noch ein wenig anders kommen. Sollte der Investor, der nun auf den Plan getreten ist, den Ergathof nämlich auf eigene Kosten sanieren und nutzen, „werden wir das Thema im Herbst nochmals im Gemeinderat zur Diskussion stellen“, lässt Bastin wissen.
Er selbst sei „ergebnisoffen“. Auch wenn er zu bedenken gibt, dass wesentlich mehr Menschen von einem Rahlenpark als von einem sanierten Ergathof profitieren würden: „Das ist eine Frage des Mehrwerts.“
Wie auch immer: Zunächst soll der Kaufinteressent mit LiebhaberAmbitionen nun entsprechende Pläne und die nötige Finanzierung nachweisen. So lange darf der Ergathof stehen bleiben, verspricht Dirk Bastin.
CDU-Stadtrat Rolf Engler hatte, wie berichtet, schon länger einen Investor ins Spiel gebracht, der den Ergathof vor dem Abriss bewahren soll. Auch das Bürgerforum Altstadt sähe es gern, wenn man das Gebäude erhalten würde: „Dort könnte man durchaus auch Flüchtlinge unterbringen“, findet Maria Ballarin vom Altstadtforum.