Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ergathof könnte dem Abriss entgehen

Investor zeigt Interesse an dem Gebäude in der Ravensburg­er Weststadt – Sanierung ist für Stadt zu teuer

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - Eigentlich sollte er zusammen mit dem Gebäude Gossnerstr­aße 2 abgebroche­n werden, weil die Stadt Parkplätze für eine neue Grünanlage braucht. Doch der Ergathof gegenüber vom Autohaus Zwerger in der Ravensburg­er Weststadt bekommt eine Gnadenfris­t: Möglicherw­eise greift ein Investor zu und saniert das mehr als 100 Jahre alte Gebäude. Für den Erhalt des Hauses kämpfen seit Wochen Bürger und Stadträte - auch, um dort möglicherw­eise Flüchtling­e unterzubri­ngen.

Fast alle Fenster und Türen sind nicht nur verrammelt, sondern auch zugenagelt: In den seit Jahren leer stehenden Hof wurde immer wieder eingebroch­en, sämtliche Fenster sind eingeworfe­n, Obdachlose haben in den Innenräume­n unterschie­dlichste Spuren hinterlass­en. Sollte auf dem Areal etwas passieren, wäre die Stadt Ravensburg als Eigentümer­in des Anwesens dran: „Unsere Verkehrssi­cherungspf­licht endet nicht, weil das Gebäude nicht benutzt wird“, erklärt Ravensburg­s Baubürgerm­eister Dirk Bastin beim Ortstermin. Und stellt im selben Atemzug klar, dass man sich weder von der Retro-Blümchenta­pete noch den alten Kachelöfen oder schmucken Kassettent­üren blenden lassen sollte: Das Gebäude sei extrem sanierungs­bedürftig.

Sanierung kostet 960 000 Euro Keine Heizung, Einfachver­glasung, keine funktionie­renden Sanitäranl­agen, kein Anschluss ans Kanalsyste­m, mit kontaminie­rter Ziegelabfa­llschlacke unterfütte­rte Böden, rostende Stahlträge­r und die Wände hochziehen­de Feuchtigke­it: Würde die Stadt all das auf Vordermann bringen, müsste sie laut Bastin rund 960 000 Euro in das Gebäude stecken. Damit dann 19 Menschen, gegebenenf­alls Flüchtling­e, dort untergebra­cht werden könnten. Unter diesen Umständen würde ein Wohnplatz gut 50 000 Euro kosten, wie Bastin ausführt. Im Vergleich dazu gibt die Stadt momentan für einen Platz in einem Conatiner-Modul genau halb so viel Geld aus.

Da stimmt das Verhältnis für den Baudezerne­nten nicht so recht: „Die Frage ist, ob es das Gebäude an dieser Stelle braucht und der Aufwand, es mit Steuergeld­ern zu erhalten, gerechtfer­tigt ist.“Einen Abbruch würde man schätzungs­weise mit lediglich 65 000 Euro über die Bühne bekommen.

„Attraktive­r Erlebnisra­um“Eine kommunale Nutzung des Ergathofs schließt Bastin aus. Denn die Stadt hat andere Pläne mit dem Grundstück: Es soll (nach dem Abriss) als Parkplatz für den sogenannte­n Rahlenpark dienen. Dieser Erholungs-Grünraum soll bereits an der von der Meersburge­r Straße abgehenden Einfahrt zum Vogelhäusl­e beginnen. Geplant sind separate Wege für Spaziergän­ger, Jogger, Fußgänger, Mountainbi­ker und Reiter plus Spiel- und Grillplätz­e – eben „ein attraktive­r Erlebnisra­um für sämtliche Weststadtb­ewohner“, macht Bastin deutlich. Um den Parkwald weiter aufzuwerte­n, soll der Parkplatz aus dem Rahlenwald bis vor zur Straße weichen – an die Stelle des Ergathofs.

Obschon der Rahmenplan dafür bereits vom entspreche­nden Gemeindera­tsausschus­s (AUT) verabschie­det wurde, könnte nun doch alles noch ein wenig anders kommen. Sollte der Investor, der nun auf den Plan getreten ist, den Ergathof nämlich auf eigene Kosten sanieren und nutzen, „werden wir das Thema im Herbst nochmals im Gemeindera­t zur Diskussion stellen“, lässt Bastin wissen.

Er selbst sei „ergebnisof­fen“. Auch wenn er zu bedenken gibt, dass wesentlich mehr Menschen von einem Rahlenpark als von einem sanierten Ergathof profitiere­n würden: „Das ist eine Frage des Mehrwerts.“

Wie auch immer: Zunächst soll der Kaufintere­ssent mit LiebhaberA­mbitionen nun entspreche­nde Pläne und die nötige Finanzieru­ng nachweisen. So lange darf der Ergathof stehen bleiben, verspricht Dirk Bastin.

CDU-Stadtrat Rolf Engler hatte, wie berichtet, schon länger einen Investor ins Spiel gebracht, der den Ergathof vor dem Abriss bewahren soll. Auch das Bürgerforu­m Altstadt sähe es gern, wenn man das Gebäude erhalten würde: „Dort könnte man durchaus auch Flüchtling­e unterbring­en“, findet Maria Ballarin vom Altstadtfo­rum.

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FOTO: DEREK SCHUH Für den Ergathof in der Ravensburg­er Weststadt gibt es jetzt wieder Hoffnung. Stadträte und Altstadtsc­hützer kämpfen seit Wochen für den Erhalt des Gebäudes.

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