Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Neue Mutation in New York
Corona-Mutante bereitet Virologe Mertens Sorgen
RAVENSBURG - Eine neu entdeckte Mutante des Corona-Virus grassiert in der US-Metropole New York. Warum das besorgniserregend ist, erklärt Professor Thomas Mertens im Gespräch mit Daniel Hadrys.
Eine Empfehlung des Astra-Zeneca-Impfstoffes für über 65-Jährige ist erfolgt. Welche Fragen waren dabei noch offen?
Eine Empfehlung entsteht nicht in einem Gespräch unter Kollegen beim Kaffee, vielmehr geht es um sehr intensive Analyse und Bewertung vieler Daten. Hierbei sind die völlig ehrenamtlich tätigen, berufenen Experten der
Stiko auf die enge Zusammenarbeit mit den hervorragenden Fachleuten der Stiko-Geschäftsstelle am RobertKoch-Institut (RKI) angewiesen. Für eine Empfehlung, die viele Menschen in Deutschland betrifft, muss ein Impfstoff sicher und wirksam sein. Die Wirksamkeitsdaten für die Altersgruppe über 65 wurden tatsächlich in den letzten Tagen (zuletzt Montag) erst verfügbar. In nur zwei Tagen – Dienstag und Mittwoch – wurde die Datenanalyse und Bewertung vorgenommen. Nach zwei Tagen war die aktualisierte Empfehlung fertig. Es ist völlig unsinnig, in diesem Zusammenhang von „Mut“zu schwadronieren. Mut kann ein einzelner Mensch beweisen, aber im Zusammenhang mit einer Empfehlung für eine Bevölkerung ist der Begriff völlig fehl am Platz. Dieser Vorwurf ist auch schwer verständlich, da noch im Dezember zum Beispiel große Angst davor bestand, dass die Zulassung der Impfstoffe zu schnell und unsicher erfolge. Die bisherige Empfehlung der Stiko mit einer Altersbeschränkung war vollständig korrekt. Ähnliche Einschränkungen gab es ja in vielen Ländern Europas. Nur für unter 65-Jährige in Deutschland, Österreich, Schweden, Frankreich, Polen, Dänemark, Niederlande und Griechenland. Nur für unter 55Jährige in Spanien, Italien und Malta.
Eine Coronavirus-Mutation aus New York bereitet derzeit Sorgen. Was wissen wir darüber – auch bezüglich der Wirksamkeit von Impfstoffen?
Wir haben an dieser Stelle schon häufig über Mutationen und Selektion von Mutanten gesprochen. Die neue Mutante, beziehungsweise Variante, die in New York bereits im November 2020 entdeckt wurde, hat sich dort in der Bevölkerung offenbar stark durchgesetzt. Möglicherweise auch wegen höherer Infektiosität, wie bei der UK-Variante. Die Tatsache, dass diese Mutante eine Mutation E484K im Spikeprotein trägt, die auch in der südafrikanischen und brasilianischen Mutante vorhanden ist, hat Besorgnis über eine möglicherweise geringere Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe geweckt. Bewiesen ist das aber derzeit nicht.