Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hoffmeister-Kraut gegen Mindestlohn-Plan
Südwest-Wirtschaftsministerin warnt SPD vor Experimenten in Krisenzeiten
RAVENSBURG - Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) lehnt die von der SPD ins Spiel gebrachte Erhöhung des Mindestlohns ab und fordert, die Entscheidung dem dafür zuständigen Gremium zu überlassen. „Über die Erhöhung des Mindestlohns wird auf der Grundlage von Empfehlungen der Mindestlohnkommission entschieden. Dieses Vorgehen hat sich aus meiner Sicht bewährt“, sagte Hoffmeister-Kraut der „Schwäbischen Zeitung“. Die Kommission werde von
Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch besetzt und habe ihre Empfehlungen bisher immer einstimmig beschlossen.
Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl haben das Bundesarbeitsund das Bundesfinanzministerium am Montag ein Eckpunktepapier vorgelegt, das den Weg zu einem höheren und besser durchsetzbaren Mindestlohn skizziert. Ziel der von der SPD geführten Ministerien ist es, dass der Mindestlohn im nächsten Jahr auf zwölf Euro pro Stunde steigt. Derzeit liegt er bei 9,50 Euro. Über die Höhe der Lohnuntergrenze soll zwar auch weiterhin die Mindestlohnkommission entscheiden. Diese solle allerdings künftig „auch den Gesichtspunkt der Armutsgefährdung maßgeblich berücksichtigen“.
Hoffmeister-Kraut wendet sich auch deswegen gegen den Vorstoß, weil der 2015 eingeführte Mindestlohn bislang noch nie in Krisenzeiten überprüft wurde. „Infolge der Corona-Pandemie sind wir nun zum ersten Mal in der Situation, die Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland in einer Phase des wirtschaftlichen Abschwungs zu beobachten“, sagte die CDU-Politikerin
weiter. „Gerade deshalb sollten wir jetzt erst einmal die weitere Entwicklung und die Folgen für Arbeitnehmerschutz, Arbeitsmarkt und Wettbewerb abwarten.“
Die Gewerkschaften befürworten den Plan von Kanzlerkandidat und Finanzminister Olaf Scholz und Arbeitsminister Hubertus Heil. „Wir fordern seit Langem einen armutsfesten Mindestlohn von zwölf Euro je Zeitstunde als unterste Haltelinie. Darunter darf in Deutschland nichts gehen“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.