Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Von Syrien ins Allgäu: Stationen einer Flucht

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Mahmoud Osfeira floh 2014 mit seinen Eltern und fünf Geschwiste­rn aus Aleppo in die Türkei. Er war damals Profisport­ler und Mitglied der syrischen Basketball­Nationalma­nnschaft. In der Türkei schuftete er in einer Möbelfabri­k für nicht einmal zwei Euro die Stunde. Deshalb ging er zurück nach Syrien, um wieder Basketball zu spielen. Nicht einmal ein Jahr später floh er erneut, weil er zum Militär eingezogen und in den Krieg geschickt werden sollte. In dieser Zeit hat er seine Frau kennengele­rnt und geheiratet.

Weil der Verdienst aus der Möbelfabri­k nicht einmal für die

Miete reichte, machte sich Mahmoud Osfeira Anfang 2015 mit seiner Frau und einem jüngeren Bruder – wie so viele in diesem Jahr – auf in Richtung Europa. Ein Schlepper brachte sie in einem überladene­n Schlauchbo­ot auf eine griechisch­e Insel, von dort holte sie ein Regierungs­boot aufs Festland. Fast 6000 Euro wurden pro Person an Schlepper bezahlt. Die Drei waren 40 Tage lang unterwegs, manchmal zehn Stunden am Tag zu Fuß.

Stationen waren Mazedonien, Serbien und Ungarn; in jedem Land wurden sie von der Polizei aufgegriff­en und mussten ihre Fingerabdr­ücke abgeben; danach hatten sie sieben Tage Zeit, das Land wieder zu verlassen. Am schlimmste­n wurden sie in Ungarn behandelt: Ihnen wurden die Pässe und alle Papiere abgenommen (sie sind bis heute dort), alle mussten sich nackt ausziehen und untersuche­n lassen. Sie wurden in ein riesiges Flüchtling­slager gepfercht, das voller Dreck und Ungeziefer war. „Wir haben kein Auge zu getan und die ganze Nacht den Boden geputzt, damit wir wenigsten einen sauberen Platz zum Sitzen haben“, erzählt Osfeira. „Deshalb sind wir am nächsten Tag wieder abgehauen Richtung Österreich.“

Es ging weiter mit dem Zug nach Salzburg, kurz vor der Grenze nahm ihnen ein ungarische­r Fahrkarten­kontrolleu­r noch 200 Euro ab – sonst hätten sie aussteigen müssen. Es war ihr letztes Geld. Geschwiste­r, die zuvor nach Belgien geflüchtet waren, schickten ihnen Geld für Zugtickets nach München.

In München kamen die Osfeiras in einem Zug voller Flüchtling­e an, sie erinnern sich dankbar an den freundlich­en Empfang. Die Asylbewerb­er wurden auf ganz Deutschlan­d verteilt, für die Osfeiras war es zufällig Memmingen. (bhb)

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