Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Das Kreuz mit dem Kranz
Kaum etwas hat in den vergangenen Jahren so sehr gelitten wie das Design von Adventskränzen. Wir, die etwas Älteren, erinnern uns: Ein Adventskranz setzte sich dazumal ausschließlich aus Tannenzweigen und vier Kerzen zusammen, die Zweige geflochten um einen Ring zumeist aus Stroh. Zusammengehalten hat ihn die christliche Tradition. Heute kommen Stücke wie das garantiert nicht nadelnde Modell „Immergrün“aus dem wenig katholischen China, wo sie in feinster Polyamid-Qualität hergestellt werden. Inklusive der Kerzenmodelle „Ewige
Flamme“, die versorgt durch beigelegte Batterien Typ AAA das „Immergrün“energiesparend und feinstaubfrei illuminieren. Künstliches Flackern inklusive. Wer aus Versehen versucht, solche Funzeln auszupusten, braucht kein Covid-19 mehr, um sich die Lunge zu ruinieren.
Zunehmend ignorieren die Menschen auch die unumstößliche Tatsache, dass ein Kranz gefälligst rund zu sein hat. Kerzen der Reihe nach auf ein längliches Brett zu nageln, hat mit dem Advent ungefähr so viel zu tun wie die Form eines Christbaums mit der Cheops-Pyramide! Inzwischen
soll es sogar Adventskränze geben, die aus grüner Wolle gehäkelt werden, bestückt mit gefilzten Zwergenfiguren oder Kobolden! Herr vergib’ ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun!
Wenigstens steht diesen Produkten, wenn wir sie entsorgen, wozu dringend zu raten ist, durch das Naturmaterial Wolle nichts im Wege. Im Gegensatz zur Plastik-Besinnlichkeitshilfe aus Fernost, die nicht allein wegen der Batterien Sondermüll ist. (nyf)