Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Alte Druckmaschinen werden wieder angeworfen
Neue Werkstatt im Leutkircher Heimatmuseum geplant – Besucher sollen selber aktiv werden
LEUTKIRCH - „Wir wollen die Geschichte wieder aufleben lassen“, verkündet Rainer Mack. Gemeint ist das traditionelle Druckverfahren mit beweglichen Blei- oder Holzlettern. Dafür soll im Leutkircher Heimatmuseum eine „lebendige Werkstatt“entstehen. Die Pläne der Initiatoren sehen vor, dass während der Öffnungszeiten an einer Heidelberger Tiegel aus den 1950er-Jahren gedruckt wird. Auch Besucher könnten dann selbst aktiv werden. Die Werkstatt soll mit einer Ausstellung zur „Schwäbischen Zeitung“ergänzt werden.
Die Augen von Rainer Mack und Roland Hess leuchten, wenn sie von der Kunst des Druckens aus vergangenen Jahrzehnten berichten. Die Leidenschaft stammt aus Zeiten, in denen sie selbst als Drucker beziehungsweise Schriftsetzer tätig waren. „Ich bin süchtig nach dem speziellen Geruch von Druckmaschinen“,
ergänzt Hess scherzhaft. Mit der neuen Satz- und Druckwerkstatt will das Duo in Zusammenarbeit mit der Leutkircher Heimatpflege gerade in „schnelllebigen Zeiten“einen Fokus auf gedruckte Werke legen und die Technik der Öffentlichkeit zugänglich machen. Läuft alles glatt, könnte die Ausstellung im März eröffnet werden.
Rund 15 Tonnen umfasst das Material, das künftig als Ergänzung zu bestehenden Exponaten im Heimatmuseum ausgestellt werden soll. Dazu zählen unter anderem zwei Heidelberger Tiegel – die laut Mack wohl meistverkaufte Druckmaschine der Welt – sowie unzählige Schubladenschränke mit Blei- oder Holzlettern in unterschiedlichen Schriftarten und Größen. Der Großteil der Stücke stammt aus einem Museum der Druckerei Eberl & Koesel in Krugzell, das kürzlich aufgelöst wurde. Derzeit wird das Material in einer Leutkircher Halle zwischengelagert, bevor in rund zwei Monaten der Raum im Heimatmuseum bezogen werden kann.
Geplant ist, dass während der Öffnungszeiten in der Werkstatt gearbeitet oder den Besuchern etwas erklärt wird. Hinzu kommen „Workshops zur Herstellung von Drucksachen“, bei denen Interessierte selber setzen und drucken können – etwa Visitenkarten oder Briefpapier. „Wir wollen damit auch wieder Kinder ins Museum kriegen“, stellt Roland Hess klar. Als Ergänzung stellen sich die Verantwortlichen eine Ausstellung über die „Schwäbische Zeitung“vor, die im 20. Jahrhundert die „Druckerstadt Leutkirch“wesentlich mitgeprägt habe. Denn: Von 1945 bis in die 1990er-Jahre wurde die größte regionale Tageszeitung Baden-Württembergs in der Allgäu-Stadt gedruckt.
Die Idee zu einer Ausstellung sei bei der Heimatpflege sofort auf offene Ohren gestoßen. „Wir sind ständig auf der Suche nach attraktiven Konzepten, um unsere Museumslandschaft attraktiv zu gestalten“, wird Vorsitzender Michael Waizenegger
in einer schriftlichen „Projektvorstellung“zitiert. Mit Begeisterung hätten auch zahlreiche ehemalige Drucker und Schriftsetzer reagiert, die die Werkstatt ehrenamtlich unterstützen wollen.
Jahrhundertelang waren der Buchdruck und der Bleisatz die gängigen Verfahren, um Texte zu drucken. „Erst mit der Einführung der Offset-Technik und des Fotosatzes sowie der Digitalisierung wurde das Verfahren wirtschaftlich unrentabel und verschwand aus den Druckereien und damit auch aus dem Blick der Öffentlichkeit“, berichten die Projekt-Initiatoren. Mittlerweile erlebe der traditionelle Buchdruck eine Renaissance – „meistens in kreativen Kreisen und unter seinem englischen Namen Letterpress“.
Apropos Renaissance: Ginge es nach Roland Hess, würde auch ein alter Buchdrucker-Gruß in Zukunft wiederbelebt werden: „Gott grüß die Kunst.“