Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Emotion, Empathie und Extase im Trialog
Gitarrist Manuel Randi begeistert mit seinen Begleitern Mario Punzi und Marco Stagni im Isnyer Kurhaus
ISNY - Seit Anfang April konnte das „Kulturgetriebe“seinem Vereinszweck nicht mehr nachkommen – in Isny Live-Konzerte auf die Bühne zu bringen. So war den Hauptorganisatoren Silke Denniger, Stefan Mesmer und Frank Müller vergangene Woche im Kurhaus die Freude anzumerken, nun wenigstens den Höhepunkt des Jahres 2020 nachholen zu dürfen. Das breite Grinsen im Gesicht und die gute Laune währten durchgehend den ganzen Abend hindurch.
Denn mit dem italienischen Gitarristen Manuel Randi und seinen kongenialen Begleitern, Mario Punzi an Schlagzeug und Cajon sowie Bassist Marco Stagni, bereitete das Kulturgetriebe 150 Musikfreunden im Alter zwischen höchstens 30 und mindestens 70 Jahren einen abwechslungsreichen, mitreißenden und unterhaltsamen Konzertabend. Einziger
Wermutstropfen: die pandemiebedingt reduzierte Sitzplatzkapazität im seit Wochen ausverkauften Kurhaus. Andererseits sagt Randi: „Ich werde das Programm auf Deutsch moderieren – allein das ist schon die Eintrittskarte wert.“Gelächter. Wie Recht er auch da hatte.
Stilistisch wie technisch ist die Musik des Südtirolers, sonst eine elementare Stütze im „Herbert Pixner Projekt“und mit diesem 2019 schon auf dem Isnyer Theaterfestival begeistert gefeiert, unmöglich umfassend zu beschreiben: Mit atemberaubender Geschwindigkeit und anatomisch erstaunlichen Verrenkungen fliegen seine Finger durch Flamenco und Rumba, von italienischer Folklore zum Jazz, von Bossa Nova zum Rock, von afrikanischen hinüber zu brasilianischen Einflüssen. Das alles hält dieser Abend bereit.
Oder andersrum: Es gibt keine Klangfarbe, die Randi seinen Saiten nicht zu entlocken weiß, keine Griffoder Spieltechnik, die er nicht aus einem Genre in ein gänzlich anderes zu transponieren wüsste. Im Verlauf des fast dreistündigen Programms ploppen Assoziationen auf zu legendären Gitarristen, John McLaughlin, Paco de Lucia, Al Di Meola, Pat Metheny, Ahnungen von deren Harmonien, Akkorden, technischen Finessen, Brüchen, zu Eric Clapton, wenn Randi in einer Ballade die Stimme von „Slowhand“instrumental mit den Saiten zu verschmelzen scheint. Auch B.B. King oder Mark Knopfler könnten für Sekunden über die Kurhausbühne huschen, wenn man die Augen schließt
Doch wenige Momente später steht Manuel Randi wieder für sich selbst, als unvergleichbarer Virtuose, Komponist und Interpret der Stücke von seinen ersten beiden SoloCDs und Neukompositionen. Er entfacht ein Klangfeuerwerk, das sich extatischer, empathischer, emotionaler nicht denken lässt; das Marco Stagni und Mario Punzi begleiten, unterstützen, hinforttreiben in einem temporeichen Parforceritt, einem musikalischen Schwall, als hielten die Drei mit ihren Instrumenten regste „Trisprache“, einen veritablen, uritalienischen „Trialog“, in dessen reißendem Fluss sie sich gegenseitig ihr Können gönnen und zu immer neuen Kapriolen ermuntern.
Das Publikum ist hingerissen, derart begeistert, dass Randi scherzt: „Mit meinem Projekt bin ich zum ersten Mal im Allgäu, und ich habe gehört, die Schwaben seien eher zurückhaltend – wir müssen am falschen Ort sein.“Gelächter. Da capo. Noch ein Flamenco vom spanischen Italiener. Drei Zugaben. – „Danke an Silke, Stefan und Frank“vom Kulturgetriebe für ein „Konzert, das man nicht alle Tage hat, wir sind überwältigt“. – 150 Isnyer waren es auch.