Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Arme Psychiater
Der Alptraum: Man wird gegen seinen Willen in der geschlossenen Psychiatrie festgehalten (was wohl öfter der Fall ist), und das, obwohl man psychisch gesund ist. Julia (Frida-Lovisa Hamann) scheint so jemand zu sein – und zieht den psychisch angeschlagenen Ermittler Ballauf (Klaus J. Behrendt) auf ihre Seite.
Diese Kölner „Tatort“-Folge unter der Regie von Isa Prahl bestätigt alle Vorurteile, die einem Laien zur Psychiatrie einfallen: Arrogante Wissenschaftler in weißen Kitteln, die in düsteren Räumen sinnlos scheinende Gesprächsrunden moderieren – und aufmüpfige Patienten mit einer Extradosis sedieren. Der Professor einer solchen Klinik wird in seinem Wohnzimmer erschossen. Sein Freund und Anwalt (Andreas Döhler) gerät ins Visier der Ermittler Ballauf und Schenk (Dietmar Bär). Dem Verdächtigen gehört nicht nur die Tatwaffe, sondern er hatte auch ein Interesse daran, dass seine Schwägerin Julia in der Psychiatrie bleibt.
Der Kriminalfall steht hier nicht im Vordergrund, sondern das intensive Spiel zwischen der exzellenten Jungschauspielerin Hamann und dem von Wahnvorstellungen getriebenen Ballauf. Da kann man verzeihen, dass eine Krise des hartgesottenen Kommissars eher unglaubwürdig scheint. Und Psychiater müssen eh ein weites Herz haben, wenn sie angesichts der im Film verbratenen Klischees über ihren Berufsstand nicht verzweifeln wollen.