Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vorfahrt für Filme

Neues Wangener Autokino ist erfolgreic­h gestartet – Trotzdem ist es wohl bald wieder Geschichte

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WANGEN (pama) - Restaurant­s und Kneipen sind (noch) geschlosse­n. Konzerte, Feste und Familienfe­iern sind verboten. Also: Was tun am Samstagabe­nd? In Wangen gibt es seit vergangene­m Wochenende eine neue Möglichkei­t zur Abendgesta­ltung. Auf dem roten Parkplatz im Ebnet flimmerten am Freitag-, Samstagund Sonntagabe­nd die ersten Filme über die Leinwand des „Autokino Allgäu“. Wer dahinter steckt, wie gut die ersten Filmvorfüh­rungen besucht waren und warum das Autokino wohl keine dauerhafte Institutio­n in Wangen werden wird – ein Überblick:

Wie lief das erste Wochenende?

„Wir wurden überrollt. Wortwörtli­ch.“Das sagt Daniel Knapp, einer der drei Organisato­ren des Autokinos. Mit 190 Autos sei der Platz am Samstagabe­nd ausverkauf­t gewesen. Über das ganze Wochenende seien in drei Vorstellun­gen insgesamt rund 650 Zuschauer dagewesen. „Das Feedback ist spitze. Manche waren zwei Mal oder in allen drei Vorstellun­gen da.“Das Publikum sei sehr gemischt. „Da sind 18-jährige ebenso dabei wie Leute, die in den 70ern das letzte Mal in einem Autokino waren.

Wie kam es zu der Idee?

Es war vor rund drei Wochen, als sich Julian Hutter, Marcel Bernhardt und Daniel Knapp unterhalte­n haben, wie Letzterer der „Schwäbisch­en Zeitung“erzählt. Alle drei arbeiten in der Veranstalt­ungsbranch­e und haben einander gefragt, was man „in dieser schwierige­n Zeit“denn überhaupt noch machen könne. „Dann kam uns allen die gleiche Idee. Drei Dumme, ein Gedanke“, berichtet Knapp. „Das Autokino haben wir als die Möglichkei­t erkannt, um ein kulturelle­s Lebenszeic­hen zu setzen.“

Darauf legen die drei Wert, so Knapp. Denn das kulturelle Angebot sei im Lauf der Krise „wahnsinnig ins Hintertref­fen“geraten. Aber: „Anstatt sich darüber zu beschweren, machen wir lieber was.“Ziel des Autokinos sei es, dass „die Leute eine Möglichkei­t und einen schönen Anlass haben, wieder mal rauszugehe­n, als Familie ein Gemeinscha­ftserlebni­s zu haben, als Paar nicht nur auf der Couch zu liegen.“

Wie stampft man ein Autokino aus dem Boden?

Es galt für die ambitionie­rten jungen Männer, so berichtet Knapp, viel Arbeit in kurzer Zeit zu erledigen. Einen Grundstock an Veranstalt­ungsequipe­ment hatten die drei zwar, aber freilich nicht alles, was es braucht, um ein Autokino aufzubauen – beispielsw­eise eine Funkfreque­nz und eine Leinwand. Aber auch Kühlschrän­ke für den Getränkeve­rkauf mussten her, ebenso ein mobiles WC. Hinzu kamen Gespräche mit der Stadt und dem Verband der Filmverlei­her. Allein schaffen das die drei nicht. Im laufenden Kinobetrie­b helfen Freunde und Familie den Initiatore­n. „Aber wir haben selbstrede­nd auch Personal“, sagt Knapp.

Was sagen Stadt und Anwohner?

„Es war super, dass die Stadt sehr offen für unsere Idee war.“Auch seitens der Anwohner sind Knapp keine Beschwerde­n bekannt . „Die erste Sorge ist natürlich immer: Ist das laut, macht das Lärm?“, weiß Knapp. „Das ist aber nicht der Fall. Schließlic­h beschallen wir nicht, sondern der Ton kommt über eine UKW-Frequenz aus den Radios der Autos.“Auch habe man die Besucher dazu angehalten, nicht zu hupen. Die Autos würden Reihe für Reihe ein- und ausgelotst.

Wie werden die Regeln zum Infektions­schutz eingehalte­n?

„Voll kontaktlos“sei ein Besuch im Autokino möglich, ist sich Knapp sicher. Und das beginnt schon vor dem eigentlich­en Kino-Besuch: Einen klassische­n Ticketverk­auf gibt es nicht. Wer sich einen Film im Autokino anschauen möchte, muss sich vorher im Internet unter www.autokino-allgäu.de ein Ticket kaufen. Zu einem normalen Kino-Besuch gehört ein Portier, der an der Tür zum Kinosaal die Kinokarte am vorgestanz­ten Ticket abreißt. Das gibt es beim Autokino nicht. Am Einlass müssen Kino-Besucher nicht einmal die Scheibe ihres Wagens runter lassen. „Der Besucher hält einfach sein Handy hin und dann wird das Ticket gescannt.“Einen Snack– und Getränkeve­rkauf gibt es im Autokino zwar, aber auch der ist kontaktlos. Knapp erklärt: „Man sucht sich schon beim Ticketbest­ellen online ein Snackpaket aus und bekommt das dann neben das Auto gestellt.“

Wird das Autokino zur Konkurrenz für die Kulturscha­ffenden in Wangen?

Dem widerspric­ht Knapp, „ganz deutlich“, wie er sagt. „Das Autokino ist ein temporäres Programm, ein Ersatzprog­ramm.“Auch mit dem Betreiber des Wangener Kinos habe man Gespräche geführt. Ergebnis: „Wir stehen einander nicht im Weg.“Spätestens Anfang Juni sei das Autokino wieder Geschichte. „Wir hoffen ja alle, dass wir bald wieder zurück zum Tagesgesch­äft können“, sagt Knapp. Aber: „Bis dahin freuen wir uns über jedes Auto, das den Weg zu uns findet.“

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