Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Achtung, hier filmt die Polizei …
Seit November ist die Bodycam im Allgäu bei Beamten im ganzen Allgäu im Einsatz
ALLGÄU - Sie ist nur so groß wie eine Zigarettenschachtel – und doch verhindert sie täglich, dass Polizisten verletzt werden. Die Rede ist von der Bodycam, einer Kamera, die Beamte an der Uniform tragen. Wird ein Einsatz brenzlig, filmen sie damit. In Zeiten der Ausgangsbeschränkungen sind zwar weniger Menschen auf der Straße, Polizeikontrollen zum Beispiel sind aber nach wie vor an der Tagesordnung – und können im Extremfall zur gewalttätigen Auseinandersetzung werden.
Ein Polizeisprecher berichtet etwa, dass Kollegen eine Ansammlung auflösen wollten und die Betroffenen aufforderten zu gehen. Einer der Angesprochenen verpasste einem Polizisten eine Kopfnuss.
Solche Vorfälle zu verhindern, ist nach Aussage der Polizei vorrangiges Ziel der Bodycam. Die Beamten müssen einen Kamera-Einsatz ankündigen, es sei denn, die Umstände lassen das nicht zu. Oft reicht die Kamera laut Polizei schon aus, um die Menschen zu beruhigen.
Sollte es dennoch zu einem Widerstand kommen, können Richter und Staatsanwälte die Aufnahmen sichten und sich so ein Bild von den Geschehnissen machen. Das habe mehr Aussagekraft als beispielsweise Schilderungen von Augenzeugen. In Neu-Ulm war das der Fall, sagt Peter Pytlik, stellvertretender Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Da habe sich ein Mann mit zwölf seiner Kollegen angelegt – und fünf von ihnen verletzt.
Etwa 100 Kameras sind nach Polizeiangaben im vergangenen Jahr an die Dienststellen im Präsidium
Schwaben Süd/West verteilt worden. Wie viele Geräte die Inspektionen jeweils erhielten, hing dabei von der Größe ab: Jedes Streifenteam einer Schicht kann sich nun laut Polizei mit einer Kamera ausstatten.
Vorerst sollen laut Innenministerium keine weiteren Kameras ausgegeben werden. Das Angebot wird der Polizei zufolge auch genutzt: 250 bis 300 Aufnahmen entstehen demnach pro Monat im Präsidium.
Etwa 15 davon nimmt monatlich ein Kaufbeurer Polizist auf. Wie sein Kollege möchte er seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Er erinnert sich an mehrere Fälle, in denen die Bodycam eine Eskalation verhindert hat. Beispielsweise hatte ein Mann wohl seine Medikamente nicht genommen und schlug in seiner Wohnung wild um sich.
Um die Mitglieder des Rettungsdienstes zu schützen, gingen vier Polizisten vor. „Ich habe gleich angekündigt, dass ich filme“, sagt der Beamte. Der Patient habe sich daraufhin beruhigt und immer wieder auf die Kamera geschaut.
Auch bei einem anderen Einsatz habe ihm die Kamera gute Dienste geleistet, sagt der Kaufbeurer Polizist: „Vor einer Disco kam es zu einer Schubserei, da waren etwa 100 aufgebrachte Personen.“Mehrere Streifenbeamte mit Bodycams seien vor Ort gewesen. „Nach langer Zeit und viel Reden konnten wir die Leute trennen und nach Hause schicken.“
Ohne die Kameras hätten die Beamten Gewalt einsetzen müssen, glaubt der Kaufbeurer Polizist. Eine Bodycam habe er oder sein jeweiliger Streifenkollege immer dabei. „Wir nehmen aber erst auf, wenn es Spitz auf Knopf steht.“