Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Der Allgäuer bleibt auch beim Heiligen Paar stur
Die „Weihnachtsgeschichte“der Isnyer Stubenmusik spielt in einem Wirtshaus
ISNY - Auf ihre ganz eigene, humorvolle, hintersinnige Weise, im urschwäbischen Dialekt hat die kleine Gruppe der Isnyer Stubenmusik im Isnyer Schloss die biblische Weihnachtsgeschichte erzählt – und musiziert. Was aber bleibt vom Original übrig, wenn der Evangelist Lukas in der Heiligen Nacht in einem Allgäuer Wirtshaus das weihnachtliche Geschehen beschreiben soll? Dort, wo Maria und Josef an die Tür klopfen und auf einen hartherzigen, sturen Gastwirt treffen?
Johannes Rahn erklärte im voll besetzten Refektorium, dass die Textvorlage vom legendären Kemptener Heimatpfleger, Historiker und Volkskundler Alfred Weitnauer stammt und dass es für ihn beim Nachzeichnen der Vorlage um die Charakterisierung eines geschäftstüchtigen, aber auch sturen, hartherzigen Gastwirts gegangen sei. Rahns Erkenntnis sei gewesen: „Einen Menschen zu echter Umkehr zu bewegen, kommt einem Wunder gleich.“
Zwischen den vier Dialogen des Gastwirts, der Kellnerin und Apostel Lukas, wurde heimatliche Musik eingestreut, mit Harfe (Johannes Rahn), Geige (Anne Schlor), Gesang (Veronika Schmid), lieblich-beschwingte Melodien, wie sie im 18. und 19. Jahrhundert in den Bauernstuben und Wirtshäusern im Allgäu, ursprünglich mit Hackbrett, Zither, Gitarre und Kontrabass gespielt wurden.
Zurzeit müssten sie sich mit schmaler Besetzung zufriedengeben, weil ein Teil der Gruppe weggezogen oder beim Musikstudium sei, streute Rahn ein. Die bekanntesten Kompositionen waren „Die musikalische Schlittenfahrt“, Allegretto und Andante, von Leopold Mozart, dem Vater des Genies Wolfgang Amadeus. In seinen heimatlichen Kompositionen verwendete er häufig reale Klangeffekte wie Schellengeläut, Hundegebell und Peitschenknall.
Veronika Schmid sang sehr fein beispielsweise das Heimatlied vom Isnyer Gerhard Konzelmann, vertont von Fritz Hartmann: „Mei Heimatstädtle im Schnee“, wo es im dritten Vers heißt: „Friede ziert des Heimatstädtle, und strahlt runter von der Höh‘, silbrig füllt die Zeit ihr Krättle, immer weiter, Schnee auf Schnee.“
In den Dialogen zur „Allgäuer Weihnachtsgeschichte im Wirtshaus“ging es zuerst um die Diskussion, dass im Text „Hirten“durch „Bauern“ersetzt werden müsste, „Hürden“durch „Stacheldraht“und „Schafe“durch „Schumpen“. Als schließlich die Heilige Familie anklopft und um Quartier bittet, wird dies vom Wirt aus mehreren Gründen abgelehnt: „Mer hond eigentlich scho zue“, schließlich sei es zwölf Uhr in der Nacht. Quartier für eine Nacht rentiere sich nicht. „Onder drei Dag nemmet mir niemand.“
Heilige? „Des isch koi guete Kundschaft, die trinket zwenig.“Ledig ond schwanger? „Mir send a aständigs, katholischs Wirtshaus. I bin Gschäftsma, i kann nix verschenke.“Alle Überredungskünste der nachsichtigen Kellnerin und des Apostels helfen nichts. Das Heilige Paar wird ins Pfarrhaus geschickt. „Der Pfarr isch für Heilige zuständig.“Von dort ist allerdings ähnliche Ablehnung zu hören: „D Haushälterin hot se it neiglasse. Erstens häbse frisch putzt ond zwoitens dürfe ma da Herr Pfarrer it störe. Er hockt über seinara Weihnachtspredigt.“
Zum Schluss der Geschichte geht es um die Frage, wie es wohl dem Unbarmherzigen im Jüngsten Gericht ergehen werde, wenn abgerechnet wird vor dem Thron Gottes über gute und böse Werke. Die junge Kellnerin weiß an den Wirt gerichtet schnell die Antwort: „Chef, wenn i en der Christenlehr richtig aufpasst hon, dann isch der einzige Anwalt, der beim Jüngsten Gericht zugelasse isch, der, den du grad fortgschickt hosch, des Kind von der Heiligen Familie.“Der Apostel fügt in göttlicher Weisheit hinzu: So lang mor lebt, isch nie zu spät, doch noch umzukehre.“
Nach den Aufführungen in Bad Waldsee, Isny und Wangen zur „Allgäuer Weihnachtsgeschichte im Wirtshaus“, folgen: „Die Isnyer und die Revolution 1848/49“– am 15. Februar, 19.30 Uhr, in der Schwabenlandklinik Neutrauchburg, am 17. Februar um 11 Uhr in Wangen, am 10. März um 19.30 Uhr in Bad Waldsee sowie am 12. April um 19.30 Uhr noch einmal in der Schwabenlandklinik.