Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Urlauben, wo andere arbeiten
Welcher Werbefuzzi das war, die Attraktivität eines Ortes im Rahmen einer Stellenanzeige damit zu umschreiben, dass es sich um einen handele, an dem andere Urlaub machen, ist nicht bekannt. Sicher ist aber, dass diese Behauptung inzwischen für fast alle Arbeitsorte dieser Welt benutzt wird. Nicht ganz zu unrecht, schließlich soll es ja tatsächlich Leute geben, die sogar in Städten wie zum Beispiel Duisburg ihren Urlaub verbringen. Damit ist der Stellenanzeigenwerbespruch eigentlich für alle Zeiten verbrannt.
Dabei ist es in der Realität oft gerade anders herum: Oft begegnet man bei der Arbeit Leuten, die dort tatsächlich Urlaub zu machen scheinen. Dennoch liest man die Formulierung „Urlaub machen, wo andere arbeiten“sehr selten. Denn wer will als Arbeitgeber schon Menschen an ihren Schreibtischen dämmern sehen, die im Sekretariat wie selbstverständlich Cocktails bestellen und morgens ihren Bürostuhl mit einem Badehandtuch reservieren. Und die das karge Mahl in der Kantine als Büffet im Rahmen eines All-Inclusive-Arrangements missverstehen.
Der Fachkräftemangel ist natürlich schuld an all diesen Fehlentwicklungen, an deren Ende es irgendwann nochmal soweit kommt, dass der Chef freundlich zu seinen Mitarbeitern ist. Bis es aber soweit ist, werden noch viele Werbefuzzis behaupten, der angepriesene Arbeitsort sei dort, wo andere Urlaub machen. Duisburg verzeichnet übrigens mit 500 000 im Jahr 2017 steigende Übernachtungszahlen. Angeblich sind sogar einige Nicht-Duisburger in dieser Zahl enthalten. (nyf)