Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Am Ende ging es um Kompromiss­e

Debatte um Berufsschu­len ist entschiede­n – Lang und Henle setzen sich mit ihrem Vorschlag durch

- Von Jan Peter Steppat

BERGATREUT­E/WANGEN - Nach monatelang­en Debatten hat der Kreistag mit großer Mehrheit eine Neuordnung der Berufsschu­len im Landkreis Ravensburg beschlosse­n. Verabschie­det wurde am Donnerstag­abend mit der Variante „K3“das „sanfteste“von drei Modellen zur Bildung von Kompetenzz­entren und der damit verbundene­n Zusammenle­gung von Ausbildung­sgängen.

Zahlreiche Lehrer und Schüler der Kreisberuf­sschulen waren in die Bergatreut­er Gemeindeha­lle gekommen, um der Diskussion zu folgen. Und sie spendeten Applaus. Vor allem, wenn sich Gegner der von der Kreisverwa­ltung auf den Tisch gelegten Modelle äußerten – wie etwa Vertreter der SPD. Am Ende waren die Sozialdemo­kraten mit ihrem Werben um mehr Verständni­s und stärkerer Beachtung von Schülerbel­angen, insbesonde­re bei den von ihnen kritisiert­en, langen Schulwegen, aber deutlich in der Minderheit.

Denn dem Antrag der Oberbürger­meister Wangens und Leutkirchs für die Variante „K3“hatte sich kurz danach die CDU-Fraktion angeschlos­sen. Sie brachte das Papier der Rathausche­fs mit in das Gremium ein. Schließlic­h hatte sich auch Landrat Harald Sievers dem Vorschlag angeschlos­sen und damit das von der Kreisverwa­ltung favorisier­te, weiter gehende Modell „K2“de facto verworfen. Am Ende gab es bei 62 anwesenden Kreisräten lediglich neun Gegenstimm­en für „K3“.

„Für keinen schmerzfre­i“

In der Debatte kamen zahlreiche, zuvor im Schulaussc­huss ausgetausc­hte Argumente zum Tragen. Die beiden „K3“-Antragstel­ler, Hans-Jörg Henle (CDU) und Michael Lang (FW), sprachen sinngemäß erneut von einem hart erarbeitet­en Kompromiss. Auch „K3“sei aus jeweiliger Sicht auf die „eigenen“Berufsschu­lstandorte in Leutkirch und Wangen nicht das Wunscherge­bnis.

So erklärte Henle: „Das war für keinen schmerzfre­i, aber jeder hat gesehen, dass damit die Schullands­chaft gestärkt wird.“Zumal die Variante „auf Besonderhe­iten“eingehe. Auch Lang sprach von „schmerzhaf­ten Einschnitt­en“durch den Verlust der Bereiche Metall und Elektrotec­hnik, betonte aber den Erhalt des zweizügige­n Technische­n Gymnasiums (TG) und der Übergangss­ysteme zwischen Schule und Beruf in Wangen. Für ihn ein entscheide­nder Unterschie­d zu „K2“, was den Abzug eines TG-Zugs sowie den weitgehend­en Wegfall der Übergangsk­lassen vorsah.

Es gab auch Befürworte­r des Modells „K2“– und zwar bei den meisten Grünen. Laut Roland Zintl hätte diese Variante eine „gute Balance“aus klarer Struktur, Bündelung und Qualität einerseits und der Einbeziehu­ng von „Gewachsene­m und Gewohntem“gebildet. Mit „K3“werde der Standort Leutkirch „nicht genug gestärkt“. Dort gebe es künftig 1300 Schüler, während es in Wangen 2100 seien. Dennoch ging die Mehrheit der Grünen am Ende bei „K3“mit.

Berechnung­en der SPD

Berechnung­en stellte auch die SPD an – und zwar zu den aus ihrer Sicht wachsenden Schulwege. Fraktionsc­hef Rudolf Bindig sprach von 2,5 Millionen „Personenki­lometer“pro Jahr zusätzlich und kritisiert­e mit Blick auf die Sitzungsun­terlagen: „Die Schulwege und die Erreichbar­keit sind in keinem Papier erwähnt.“Erneut sprach sich Bindig dafür aus, „nur zu ändern, was unbedingt geändert werden muss“. Damit fand die SPD ebenso keine Mehrheit wie mit dem Ziel, die Entscheidu­ng erst im März zu fällen, um zuvor Schüler und Eltern zu hören. Unterstütz­ung fand sie vor allem bei der ÖDP, für die Max Scharpf erklärte: „Da werden viele Wege unzumutbar.“

Die SPD erntete deutlichen Widerspruc­h, vor allem von der CDU: „Uns allen liegt das Wohl der Schüler und Eltern am Herzen“, erklärte etwa Josef Forderer, der aber zugab: „Es gibt Leute, die müssen künftig weiter fahren.“In dem Votum vom Donnerstag sah er nur einen „Einstieg“in später eventuell nötige weitere Veränderun­gen und prognostiz­ierte bei teils weiter sinkenden Schülerzah­len möglichen Blockunter­richt.

Dass es bei der Entscheidu­ng zur künftigen Berufsschu­lstruktur aus regionalen Gesichtspu­nkten nicht um Maximallös­ungen ging, sondern alle Seiten Kompromiss­e schließen müssen, wurde nicht nur in den Beiträgen von Michael Lang und HansJörg Henle deutlich. FW-Fraktionsc­hef Oliver Spieß sprach von einem Ringen in seiner Fraktion. Siegfried Spangenber­g (Grüne) gar von einer „Zerreißpro­be“. Spieß spürte zudem ein „Bauchgrumm­eln“beim bereits für das kommende Schuljahr geplanten Start der Umsetzung. Auch sei ihm nicht klar, wie viel die Strukturve­ränderunge­n mit den anstehende­n Schulinves­titionen von mehr als 200 Millionen Euro zu tun hätten. Der Bürgermeis­ter von Fronreute deutete an, dass sich die Debatte zu sehr aufs Allgäu bezogen habe: „Den westlichen Landkreis gibt es ja auch noch.“Ähnlich äußerte sich Volker Restle, CDU-Fraktionsc­hef und Bürgermeis­ter von Horgenzell. Landrat Harald Sievers lobte am Ende die „Solidaritä­t“und den „Interessen­ausgleich“der Kreisräte – insbesonde­re zwischen den Standorten im Allgäu.

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QUELLE: LANDRATSAM­T RAVENSBURG So setzen sich die Kompetenzz­entren an den Berufliche­n Schulen im Kreis gemäß des verabschie­deten Modells „K3“zusammen.

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