Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Sozialaktivist setzt sich für Gerechtigkeit ein
Die Direktkandidaten zur Bundestagswahl im Porträt – Heute: Stefan Weinert
RAVENSBURG - Er war schon bei der ÖDP, der SPD und ein halbes Jahr lang auch bei den Linken. Allen hat er wieder den Rücken gekehrt. Nun tritt Stefan Weinert (65) als unabhängiger Direktkandidat für den Wahlkreis 294 an. Weil es ihm „um Gerechtigkeit“und „echte Teilhabe für alle anstelle von sozialen Almosen“geht.
Als Spaßkandidat versteht sich der „Idealist ohne Illusionen“, wie Weinert sich selbst bezeichnet, mitnichten: Er möchte durchaus von so vielen Parteiverdrossenen gewählt werden, die „die Nase voll von Politiker-Geschwafel haben“, dass er bei der Bundestagswahl „was Vorzeigbares vor dem Komma“einfährt. Auch wenn ihm bewusst ist, dass er polarisiert: Er sei der Mann für all jene, die „einen durchgreifenden sozialen Aufbruch“wollen, bekräftigt der gelernte Finanzbeamte und studierte Theologe, der zwölf Jahre lang im Landkreis Ravensburg Flüchtlinge betreut hat, ehe er 2013 in Frührente ging.
Untermalt mit einem selbst komponierten Song reißt der Vater zweier erwachsener Söhne unter anderem auf dem Videoportal YouTube seine fünf Top-Themen an: An erster Stelle geht es ihm um Transparenz. Statt „Milchglasscheibenpolitik“zu betreiben und sich „ein tolles Leben in ihrer Parallelwelt zu machen“, sollten Politiker sich „um das Wohl der Wähler kümmern, die sie bevollmächtigt haben“, fordert der ehemalige Baptisten-Pastor. Auch Partizipation und „Dezentralisierung der Macht“liegen ihm am Herzen – etwa mittels Ombudsmännern. Diese kann sich Weinert auch auf lokaler Ebene vorstellen. Idealerweise würde ein solcher Posten mit jemandem wie Rolf Engler besetzt, der wisse, „was die tatsächlichen Sorgen der Leute sind“. Schließlich plädiert der Kandidat für die klare Trennung von Kirche und Staat, die Abschaffung von Studiengebühren sowie die Auflösung des Bamf (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Da die Würde des Menschen unantastbar sei, ist es für ihn „selbstverständlich, alle verfolgten Menschen aufzunehmen – ohne Obergrenze“. In diesem Zusammenhang spricht er von einem „Grundrecht auf Asyl“.
Der Mann, in dessen Wohnzimmer eine regenbogenfarbene PeaceFahne einträchtig neben einem siebenarmigen Leuchter hängt, betont: „Ich bin ein Sozialaktivist, der sich immer mit Herzblut für Schwache und Randgruppen einsetzt.“Wobei er klarstellt, dass für ihn Gerechtigkeit eben nicht bloß „die Hälfte des Kuchens“bedeutet. Stattdessen versteht er darunter, wenn jeder das bekommt, was er im übertragenen Sinn braucht, „um seinen Hunger zu stillen“.
Und so setzt Weinert sich beim Jobcenter auch für seinen arbeitslosen russischen Nachbarn ein. Und freut sich, wenn dieser eine Fortbildung genehmigt bekommt.