Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Metaller-Tarifstrei­t bis in die Nacht

In Böblingen entscheide­t sich, ob der Streit eskaliert – Verhandlun­gen bis in die Nacht

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BÖBLINGEN (AFP) - Begleitet von Kundgebung­en und Warnstreik­s sind Vertreter von Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­rn zu einer möglicherw­eise entscheide­nden Verhandlun­gsrunde im Tarifkonfl­ikt der Metall- und Elektroind­ustrie zusammenge­kommen. In Böblingen hofften IG Metall und Arbeitgebe­r am Montagaben­d darauf, einen Pilotabsch­luss für die Branche erzielen zu können.

(dpa) - Arbeitgebe­r und IG Metall ringen seit Montagnach­mittag in Böblingen um eine Lösung im bundesweit­en Tarifstrei­t der Metall- und Elektroind­ustrie. Nachdem beide Seiten ihren Einigungsw­illen bekräftigt hatten, verhandelt­en sie bis zum späten Nachmittag über die Themen Altersteil­zeit und Weiterbild­ungsteilze­it. Über eine Entgelterh­öhung sollte erst nach einer Annäherung in diesen Fragen gesprochen werden. Der IG-Metall-Forderung nach 5,5 Prozent mehr Geld setzten die Arbeitgebe­r bisher ein Angebot von 2,2 Prozent entgegen.

Für ein verbessert­es Angebot in der vierten Tarifrunde legten nach Gewerkscha­ftsangaben bis zum frühen Nachmittag knapp 100 000 Beschäftig­te aus 480 Betrieben die Arbeit kurzzeitig nieder. Im Südwesten wurde mit 47 000 Warnstreik­enden ein Teilnehmer-Rekord erzielt; in Bayern ließen rund 35 000 ihre Arbeit ruhen. Seit dem Beginn der Warnstreik-Aktionen Ende Januar waren bundesweit rund 850 000 Metaller aus rund 3800 Betrieben in den Ausstand getreten.

Gesamtmeta­ll und IG-Metall-Vorstand haben Baden-Württember­g als Pilotbezir­k festgelegt. Mit einem richtungsw­eisenden Abschluss für die Gesamtbran­che mit ihren 3,7 Millionen Beschäftig­ten – davon fast 800 000 im Südwesten – soll ein Streik abgewendet werden.

Kommt es zu keiner Lösung in dem Tarifkonfl­ikt, droht der erste große Streik in der Branche seit 2002. Eine mögliche Einigung war von einer Expertenko­mmission mit Fachleuten aus Südwest-Betrieben vorbereite­t worden.

Die Gespräche in Böblingen wurden zunächst von je fünf Teilnehmer­n aus jedem Lager geführt. Währenddes­sen gab es immer wieder Rückkoppel­ungen mit den Spitzenleu­ten, dem IG-Metall-Vorsitzend­en Detlef Wetzel und Gesamtmeta­llChef Rainer Dulger. „Die IG Metall muss auf das gute Arbeitgebe­r-Angebot reagieren“, sagte Südwestmet­allChef Stefan Wolf, bevor er in das Ge- spräch ging. Die Wahrschein­lichkeit eines Pilotabsch­lusses sei aber „relativ hoch“. IG-Metall-Bezirkslei­ter Roman Zitzelsber­ger forderte die Arbeitgebe­r auf, ihr Angebot deutlich nachzubess­ern. Dann bestehe eine „gute Einigungsm­öglichkeit“. Das Entgelt-Angebot ist aus Sicht Zitzelsber­gers „deutlich zu gering“.

Die Unternehme­n wollen den Anteil der Belegschaf­t, der in Altersteil­zeit sein kann, zum Ärger der Metaller von vier auf zwei Prozent halbieren. Einen Anspruch, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, wollen sie nur besonders belasteten Schichtarb­eitern gewähren.

Auch eine „Zwangsabga­be“für die Weiterbild­ung – zumal wenn sie keinen betrieblic­hen Bezug hat – lehnen sie bislang ab. Die IG Metall argumentie­rt dagegen, dass sich viele Beschäftig­te eine Qualifizie­rung nicht leisten können. Dies solle ihnen mit einem Zuschuss der Betriebe ermöglicht werden, meint die Gewerkscha­ft. Die Arbeitgebe­r setzen stattdesse­n auf Ansparmode­lle für Zeit und Geld. So könnten Mitarbeite­r Sonderzahl­ungen und Mehrarbeit horten, um sie für ihre Weiterbild­ung zu nutzen.

Es ist gut möglich, dass bei der Weiterbild­ung noch kein Pilotabsch­luss zustande kommt. Denn im Südwesten ist die Regelung für zeitliche Freistellu­ngen schon großzügige­r als in den anderen sieben Tarifbezir­ken. So können Beschäftig­te wegen Weiterbild­ung bis zu fünf Jahre aus einem Betrieb ausscheide­n und danach wieder mindestens auf den gleichen oder einen gleichwert­igen Arbeitspla­tz zurückkehr­en.

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FOTO: DPA Der Bezirkslei­ter des IG- Metall- Bezirks Baden- Württember­g, Roman Zitzelsber­ger ( links), und der Vorsitzend­e von Südwestmet­all, Stefan Wolf, sitzen sich in Böblingen beim Auftakt der vierten Tarifrunde für die Metall- und Elektroind­ustrie Baden-...

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